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Neujahr zweimal monatlich neutralsprachliche Briefe aus Russland, die mitten im französischen Text abgedruckt werden.

Welche von den konkurrirenden Kunstsprachen, Volapük, Esperanto, die sogenannte Blaue Sprache und Idiom Neutral die allgemein angenommene internationale Sprache werden wird – lässt sich nicht voraussagen. Ich nenne nur diese vier, da sie mehr oder weniger vollständige Wörterbücher in 2 Teilen, d. h. weltsprachlich-national und umgekehrt, besitzen. Im Kampf um Dasein muss schliesslich die geeignetste Sprache den Sieg davontragen. Man könnte also diese Frage ganz gut sich selbst überlassen. Wenn auch längere Zeit für mehrere künstliche Sprachen gleichzeitig von verschiedenen Seiten Propaganda gemacht werden würde, so hätte das nichts auf sich. Aber es giebt viele Weltsprachler, welche die Wahl einer internationalen Sprache durch ein künstliches Mittel beschleunigen möchten und diese gerade haben in den letzten Jahren verstanden, ganz besonders in Gelehrtenkreisen, für die Idee einer internationalen Sprache Interesse zu erregen.

Im Jahre 1900, bei Gelegenheit der grossen Pariser Ausstellung, tagten viele internationale Kongresse, auf welchen Personen zusammenkamen, die wohl gleiche Interessen hatten, aber verschiedene Sprachen sprachen. Da wurde es wieder einmal empfunden, wie nützlich die Einführung einer internationalen Hilfssprache wäre. Diese Frage wurde dann von mehreren wissenschaftlichen Kongressen und gelehrten Gesellschaften zum Gegenstande der Beratung gemacht, und namentlich von folgenden:

Association française pour l’avancement des Sciences,
Congrés de I’Histoire des Sciences,
Internationaler Kongress für Philosophie,
Internationaler Kongress für Sociologie,
Société Philomatique de Paris.

Die von diesen Versammlungen zum genaueren Studium der Frage ernannten fünf Delegirten bildeten eine Kommission, welche sich „Délégation pour l’adoption d’une langue auxiliaire internationale“ nannten, haben sich zunächst über folgende Grundsätze für die weitere Behandlung der Angelegenheit geeinigt, welche sie in einer schriftlichen „Erklärung“ (Declaration) deponirt haben.

Sie haben konstatirt, dass eine neben den natürlichen Idiomen eingeführte internationale Sprache für Jedermann, – für den Gelehrten, den Kaufmann, den Reisenden, – von unschätzbarem Werte sein würde. – Sie haben die Bedingungen, denen eine internationale Hilfssprache genügen muss, präzisirt, und zwar folgendermassen:

1) Die Sprache muss ebensowohl den Bedürfnissen des täglichen Lebens wie den Zwecken des Handels und Verkehrs, wie endlich den Aufgaben der Wissenschaft zu dienen im Stande sein.

2) Sie muss für alle Personen von elementarer Durchschnittsbildung, insbesondere für die Angehörigen des europäischen Kulturkreises, leicht erlernbar sein.

3) Sie darf keine der lebenden, nationalen Sprachen sein.

Ferner haben sich die Delegirten darüber geeinigt, wem die Wahl der internationalen Sprache zusteht und erklärten für wünschenswert, dass die höchste wissenschaftliche Autorität der Welt diese Wahl vornehmen