Seite:Weltsprache-Frage und die Neutralsprache.djvu/5

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

[WS 1]

5

in welcher sehr tüchtige Mitarbeiter Artikel in verschiedenen Sprachen brachten und die verschiedenen einschlägigen Fragen zu klären suchten, wodurch die Arbeiten der Akademie auch beeinflusst wurden.

Von ganz besonderer Bedeutung in dieser Beziehung war das 1891 erschienene Werk von Dr. A. Liptay „Eine Gemeinsprache der Kulturvölker“, in welchem der Verfasser eine Kritik der bisherigen Weltsprache-Projekte gab und gewisse Prinzipien für den Aufbau des Wörterbuches aufstellte, ohne selbst an die Ausführung zu schreiten. Er wies hauptsächlich darauf hin, dass es schon eine grosse Menge sogenannter Weltwörter gebe, z. B. animal, welches ziemlich allen Nationen und bestimmt allen Kulturvölkern verständlich sei, auch jenen sogar, die es nicht gleich den Engländern, Franzosen, Spanier u. s. w. als Vocabel ihrer Muttersprache gebrauchen; so spricht der Deutsche von Animalismus, Animalien, animalisieren und animalischen Eigenschaften. Weitere Beispiele solcher Weltwörter seien: capital, universal, amor, color, nacion, balcon, aspirant, komandant, natur, literatur, motiv, progressiv, Amerik, magnifik, autoritet, individualitet, distanz, aroganz, kandidat, celibat, evangelist, naturalist, adoptieren, abonnieren, teleskop, tabak, cigar, kafé, té, sport, club, astronom, logaritm u. s. w., im Ganzen über 8000 Wörter.

Alle diese Weltwörter, sagt Liptay, müssten im Wörterbuch Aufnahme finden, wenn man eine Sprache für den internationalen Verkehr baut, ebenso auch die Elemente, aus denen diese Wörter zusammengesetzt sind, – man müsse sie nur auffinden und sammeln, – ja Liptay stellt die Behauptung auf, eine Weltsprache dürfe nicht erfunden, sondern müsse entdeckt werden; die Elemente seien schon im Bereich jedes Menschengehirns und warten blos darauf in etwas Greifbares und Sichtbares kondensirt und in homogene Form gebracht zu werden.

Liptay hatte sein Werk dem berühmten Linguisten Professor Max Müller in Oxford zugeschickt, worauf dieser ihm Folgendes schrieb: „Ihre Idee Radikale zu wählen, die den Gebildeten fast allgemein verständlich sind, ist ausgezeichnet und die grammatikalische Artikulation, welche Sie vorschlagen, sehr gut ausführbar, trotzdem hie und da möglicherweise etwas einfacheres und praktischeres vorgeschlagen werden könnte. Was Sie jetzt zu tun haben, ist, ein vollständiges Wörterbuch auszuarbeiten“.

Es scheint, dass Dr. Liptay dem Rat Max Müllers nicht gefolgt ist, denn bis jetzt ist kein Wörterbuch von ihm erschienen. – Die Weltsprache-Akademie aber folgte gern diesen praktischen Hinweisen. Nachdem ich auf die eben angeführten weltsprachlichen Arbeiten aufmerksam gemacht, wurden bald die hauptsächlichsten orthographischen Prinzipien festgestellt und zum Beschluss erhoben, dass für jeden Stamm die internationale Form gesucht werden müsse, d. h. derjenige Stamm wurde für den geeignetsten erklärt, welcher in den meisten europäischen Hauptsprachen existirt. – Meine Aufgabe bestand denn darin, solche Stämme zu finden; nachdem ich die gefundenen Stämme mit den Stämmen bei den Weltsprachlern Esperanto, Lott, Heintzeler und Beermann[WS 2] verglichen hatte, ob diese nicht noch geeignetere Stämme hätten, stellte ich meine Vorschläge den Akademikern zur Abstimmung vor.

Ich bediente mich dazu nicht, wie Professor Kerckhoffs[WS 1], eines Jounals,

sondern ich liess, was ich den Akademikern zu sagen hatte, in Form

  1. a b Vorlage: Kerkhoffs.
  2. Vorlage: Beerman.