Seite:Westphälische Sagen und Geschichten 258.png

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fremde Ritter, die des Weges kamen, und die sein Jammern in seine Nähe lockte. Sie erkundigten sich nach seinem Elende, er theilte es ihnen mit, und schnell waren die Ritter entschlossen, den Knaben zu befreyen und ihn dem armen Vater zurückzugeben.

Früh am anderen Morgen wurde der Knabe Hyazinth aus den Wohnungen der Priester zum blutigen Opferaltare geführt. Er war festlich geschmückt mit weiten, glänzenden Kleidern, eine goldene Binde umgab seine bleiche Stirne, frische Blumen hingen in sein blasses Gesicht. Haufen von Priestern führten ihn in ihrer[WS 1] Mitte und sangen Lieder zum Lobe der Götter. Schon nahen sie sich dem furchtbaren Altare, schon sieht der Knabe auf hoher Säule den kolossalen Gott mit Helm und Rüstung, in der rechten Hand die wehende Fahne, in der linken den gewaltigen Speer; schon erblickt er zu den Füßen desselben der furchtbaren Henker, Mordlust in allen Zügen, hoch das Mordbeil emporschwingend. Die Gesänge der Priester werden wilder, als sie sich dem Gotte nahen, das Herz des Knaben schlägt ängstlicher, lauter. Da stürzen auf hohen Rossen, mit geschwungenen Schwertern, zwey Ritter in den feyerlichen Zug, und verlangen mit lauter, befehlender Stimme die Herausgabe des zum Opfer bestimmten Knaben. Die Priester erheben ein furchtbares Geschrey um Hülfe, das den ganzen Wald durchdringt und von allen Seiten Gewaffnete herbeyführt. Allein die Schwerter der Ritter fallen zerschmetternd und zernichtend, zerstreuen die Haufen der Göttendiener, brechen sich überall blutige Bahn, und dringen siegend in die Nähe des gefesselten Knaben. Da drängen sich die Priester in dichten Reihen und in immer engeren

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: hrer
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H. Stahl alias Jodocus Temme: Westphälische Sagen und Geschichten. Büschler'sche Verlagsbuchhandlung, Elberfeld 1831, Seite 258. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Westph%C3%A4lische_Sagen_und_Geschichten_258.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)