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Seite:WienRaumZeit.djvu/4

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Versuches gemachte Hypothese erschüttert war, gänzlich preiszugeben.

Die Schwierigkeit in der Konzeption der Relativitätstheorie lag besonders darin, dass wir einerseits annehmen wollen, die Beobachtung einer absoluten Bewegung sei unmöglich, andererseits die Existenz einer absoluten Geschwindigkeit, der Lichtgeschwindigkeit zugeben müssen. Das Verdienst gezeigt zu haben, dass diese beiden anscheinend sich widersprechenden Annahmen miteinander verträglich sind, und dass somit auf Grundlagen eines modifizierten Zeitbegriffes die Relativitätstheorie möglich ist, ist das Verdienst von A. Einstein in Bern.

Die Theorie der Relativität beruht auf der Voraussetzung, dass die Naturphänomene uns nicht erlauben eine absolute Bewegung nachzuweisen, trotzdem wir die Lichtgeschwindigkeit als absolute Geschwindigkeit ansehen müssen. Dass eine solche Theorie möglich ist, kann man durch mathematische Transformationen von einem bewegten auf ein ruhendes Koordinatensystem nachweisen.

Ich möchte Ihnen im folgenden die physikalische Bedeutung dieser mathematischen Operationen in bezug auf die Transformation von Raum und Zeit auseinandersetzen.

Zuvor will ich noch eine eigentümliche Konsequenz der Relativitätstheorie erwähnen, die sich auf den Energiebegriff bezieht. Nach dieser Theorie müssen wir die Energie mit Trägheit begabt denken und zwar aus folgendem Grunde.

Wenn ein allein im leeren Raum vorhandener Körper in einer Richtung Energie ausstrahlt, so wird auf ihn ein Strahlungsdruck ausgeübt, der den Körper in einer dem ausgesandten Strahl entgegengesetzten Richtung zu treiben sucht. Ist die in der Zeiteinheit ausgestrahlte Energie, so ist diese Kraft wenn die Lichtgeschwindigkeit bezeichnet.

Nun würde diese Kraft des Strahlungsdruckes eine absolute Bewegung hervorrufen, die wir aus der Menge der ausgestrahlten Energie und der Masse des Körpers jederzeit berechnen könnten. Nach der Relativitätstheorie darf eine solche absolute Bewegung indessen keinen physikalischen Sinn besitzen. Dieser Forderung können wir nur genügen, wenn wir annehmen, dass die ausgestrahlte Energie träge Masse besitzt, die einen Teil der Masse des Körpers mitfortnimmt.

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Wien: Über die Wandlung des Raum- und Zeitbegriffs in der Physik. Sitzungsberichte der physikalisch-medizinischen Gesellschaft zu Würzburg, Würzburg 1909, Seite 32. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:WienRaumZeit.djvu/4&oldid=- (Version vom 1.8.2018)