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dich zu mir gezogen aus lauter Güte;“ eigentlich „ich habe meine Güte lange gemacht.“ Vollends im neuen Testament tritt das Zeugnis von der Liebe des Vaters klar hervor; aus dem Munde des Sohnes selber hören wir: „Also hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen eingebornen Sohn gab,“ Joh. 3, 16, oder aus dem Munde des Apostels der Liebe, Johannes: „Sehet, welch eine Liebe hat uns der Vater erzeiget, daß wir Gottes Kinder sollen heißen.“ 1. Joh. 3, 1. – Mächtig wird uns auch in der Schrift bezeugt die Liebe Jesu Christi: „Wie er hatte geliebet die Seinen, die in der Welt waren, so liebte er sie bis ans Ende.“ Joh. 13, 1. Mit diesem bekannten Wort beginnt der vierte Evangelist, der Jünger der Liebe, seinen Bericht über die höchste Liebestat des Leidens: „Wie mich mein Vater liebet, so liebe ich euch,“ Joh 15, 9 hat der Herr selbst gesagt. „Niemand hat größere Liebe denn die, daß er sein Leben läßt für seine Freunde“ Joh. 15, 13. So bezeugen uns auch die Apostel die Liebe Christi, die alle Erkenntnis übertrifft. Aber wie ist es nun mit der Liebe des heiligen Geistes? Nur eine Stelle findet sich in der Schrift, in der von der Liebe des heiligen Geistes geredet zu sein scheint: Römer 15, 30 „Ich ermahne euch, lieben Brüder, durch unsern Herrn Jesum Christum und durch die Liebe des Geistes, daß ihr mir helfet kämpfen mit Beten für mich zu Gott.“ Doch es wird hier kaum gemeint sein weder unsere Liebe zum Geist, noch des Geistes Liebe zu uns, sondern es wird gemeint sein entweder die Liebe, die der Geist wirkt oder richtiger (nach Hofmanns Erklärung) die Liebe, die im Geist geschieht, nicht eine Liebe von Person zu Person; denn da der Apostel seine Leser nicht von Person kennt, so ist es die Liebe im Geist, durch die er mit ihnen verbunden ist. Sonst wird nirgends in der Schrift von der Liebe des Geistes geredet. Des Geistes Werk zu beschreiben ist leicht und ist schwer. Er heißt der Geist, weil er in den Dingen wohnt und wirkt. Darum nennen wir ihn den Geist, weil er in uns als der Geist eines neuen Lebens tätig ist, weil er gesendet ist in unsere Herzen. Dahinter liegt das tiefe Verhältnis des Geistes zum Vater und zum Sohn. Er, der in uns der Geist eines neuen Lebens werden will und geworden ist, ist auch ewig in Gott. Er geht ewig aus vom Vater und vom Sohne, wie er in der Zeit vom Vater und vom Sohne gesendet ist. So hat der Geist in den Dingen gewirkt schon am Tage der Schöpfung, dann in den Menschen auch nach dem Sündenfall, wo Gott davon spricht, daß die Menschen sich von seinem Geist nicht mehr strafen lassen wollen (1. Mose 6, 3). Er hat gewirkt in den heiligen Männern Gottes, insonderheit in den Propheten. Er hat in allen Gläubigen gewirkt, ob auch vorbereitend; denn wo Glaube war im alten Testament, da ist er vom Geist gewirkt gewesen. Im neuen Testament hat er den Wegbereiter Christi noch vor seiner Geburt mit seiner