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II.

 Wie erweist sich aber nun die göttliche Liebe in uns durch den heiligen Geist? Die Sendung des Geistes ist ein Werk göttlicher Liebe, eine Tat der Liebe von ihm, dem erhöhten Herrn, der, nachdem er zurückgekehrt war in die Herrlichkeit, nachdem er selbst, auch nach seiner Leiblichkeit, ganz vom Geiste verklärt und erfüllt war, nun den Geist sendet. Darum tragen auch die Verheißungen der Sendung des Geistes so besonders liebevolle freundliche Art. „Ich will euch nicht Waisen lassen, ich komme zu euch.“ Joh. 14, 18 und vorher Vers 16 „Ich will den Vater bitten, daß er euch einen andern Tröster sende.“ So betätigt sich die Liebe Gottes und die Liebe Christi in der Sendung des Geistes. Und das Werk des Geistes, das er an uns tut, ist ganz sonderlich ein Werk der Liebe, ein Werk der Geduld. Was aber das Werk des Geistes selber betrifft, so hat unsere Kirche gewiß je und je festgehalten, was Luther im Anfang der Auslegung des 3. Glaubensartikels sagt: „Ich glaube, daß ich nicht aus eigener Vernunft noch Kraft an Jesum Christum, meinen Herrn, glauben oder zu ihm kommen kann“. Die Kirche bleibt bei dem Satz, daß der Mensch nichts Gutes aus sich selbst vermag, verwirft also die Behauptung des Pelagianismus, der dem Menschen auch nach dem Fall die Willensfreiheit auch in geistlichen Dingen zuspricht. Sie sagt ferner, daß der Mensch die Wirkung des heiligen Geistes auch nicht unterstützen könne, wie das die Behauptung des Semipelagianismus ist und wie auch die römische Kirche lehrt, welch letztere nur eine Beihilfe der Gnade zum Tun des Menschen annimmt. Unsere Kirche hat auch sogar die Behauptung verworfen, die der sogen. Synergismus aufstellt, daß der menschliche Wille mitwirken müsse beim Werk der Bekehrung. Wenn das abgelehnt wird, muß darauf hingewiesen werden, daß es sich um Anfangswirkungen im Geistesleben handelt. Der erste Anstoß und Antrieb geht immer von Gott, von der Gnade und vom Geist Gottes aus. Erst durch den heiligen Geist wird der menschliche Wille in Bewegung gesetzt; denn der Mensch soll sich freilich selbst bekehren, nachdem er von Christo ergriffen ist. Ja, der Geist Gottes treibt dann geradezu den Menschen zur Entscheidung, befähigt und nötigt ihn dazu. So ist denn auch das nicht zweifelhaft, daß des Geistes Werk anknüpft an unser Gewissen, wie das 2. Kor. 4 bezeugt wird. So gibt es allerdings vorbereitende Gnadenwirkungen des Geistes, noch ehe das berufende Wort der Gnade an den Menschen kommt. So hat der heilige Geist sein Werk auch beim natürlichen Menschen im Gewissen, dann folgt das eigentliche Heilswerk.

 Und wodurch übt der heilige Geist dies Werk seiner Liebe und Geduld an uns? Wir werden hier zu der wichtigen Lehre von den Gnadenmitteln geführt, welche die Augsburgische Konfession in ihrem