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damit ähnlich wie mit dem Gebet. Wir können die Frage stellen, ob ein Gebet zum heiligen Geist biblisch begründet sei. Hofmann stellt es in Abrede und meint, das Gebet habe sich naturgemäß an den Vater in Jesu Namen und in bestimmten Fällen unmittelbar an Jesus zu wenden. Ein Gebet an den Geist findet sich in der Schrift nicht und nach Hofmann’s Meinung ist es nicht begründet, weil der Geist selbst in uns ist, der uns als Geist des Gebets zum Beten treibt. Wir geben zu, daß in der Schrift kein Gebet an den heiligen Geist vorhanden ist, wohl ein Gebet des Geistes und der Braut, also des in der Gemeinde Christi waltenden Geistes, der die Sehnsucht und das Verlangen nach Vollendung wirkt, darum in und mit uns ruft: Komm bald, Herr Jesu. Auch geben wir zu, daß die Jünger den Vater um die Gabe des heiligen Geistes angerufen haben, daß er ihn sende und daß auch wir beten dürfen: nimm deinen heiligen Geist nicht von mir. Und doch werden wir es uns nicht nehmen lassen, uns in unserm Gebet an den Geist selbst zu wenden. Wenn sich die Gemeinde Zum Gottesdienst zusammenfindet, sollte sie da nicht nach altem Brauch singen dürfen: „Komm heiliger Geist, Herre Gott, erfüll mit deiner Gnaden Gut deiner Gläub’gen Herz, Mut und Sinn“? Und wenn die Christenheit am Tage der Pfingsten sich versammelt, sollte sie nicht dem Geist Gottes danken dürfen, daß er gekommen ist und in der Gemeinde Christi waltet bis auf diesen Tag? Und wenn Christen zu wichtiger Beratung zusammenkommen, sollten sie da nicht beten dürfen: „Komm heiliger Geist erfüll die Herzen deiner Gläubigen, und entzünd in ihnen das Feuer deiner göttlichen Liebe?“ Ebenso werden auch die einzelnen Christen zweifellos ein Recht haben, unmittelbar den Geist Gottes zu bitten, daß er sie erleuchte, daß er ihnen Andacht schenke zum Gebet, daß er sie innerlich tröste und mahne, stärke und strafe. Sie werden ihn anrufen dürfen: „Du höchster Tröster in aller Not, hilf, daß wir nicht fürchten Schand noch Tod, daß in uns die Sinne nicht verzagen, wenn der Feind wird das Leben verklagen.“ Wer könnte da noch anders in uns wirken als der Geist allein und wie sollten wir ihm nicht danken dürfen für sein treues Arbeiten an unserer Seele? Ebenso werden wir darum auch die Liebe des Geistes preisen dürfen, seine Liebe, die er unermüdlich auf uns gewendet hat. Wir werden ihn bitten dürfen, daß er doch nicht verschmähe, auch fernerhin uns zu mahnen, zu warnen, zu trösten und zu stärken. Wie sollte dann unsere Liebe sich nicht auch auf den heiligen Geistsbeziehen, der es nicht verschmäht hat an uns zu arbeiten und der uns das innere Zeugnis unserer Kindschaft schenkt. Insofern darf gewiß von einer Liebe auch des Geistes füglich geredet werden.