Seite:Wilhelm Eichhorn - Einsegnungsunterricht 1912.pdf/34

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verdient. Auch die Zerknirschung des Herzens erscheint als ein solches, noch mehr das Bekenntnis mit dem Munde, das Aufzählen der einzelnen Sünden, die Genugtuung schließlich mit der Tat – die Ableistung der Büßungen – ist es, durch welche die zeitlichen Strafen der Sünden abgewendet werden. So sieht es gegenwärtig die katholische Kirche an, während sie früher es so hinstellte, daß durch die Taufe nur die vor derselben begangenen Sünden vergeben würden, während sie für die nach der Taufe begangenen sich selbst durch die Satisfaktionen d. i. Genugtuungen Vergebung erwirken mußten. So war es nicht zufällig, sondern aus innerer Notwendigkeit hervorgegangen, daß Luthers Reformation gerade an den Begriff der Buße anknüpfte und daß die erste These heißt: „Wenn unser Herr und Meister spricht: Tut Buße, so will er, daß das ganze Leben Seiner Gläubigen eine fortwährende Buße sein soll.“ Ein wirklich reformatorischer Satz, durch welchen Luther mitten hineingriff in das stärkste Verderben der mittelalterlichen Kirche. Es war der Reformation kein Zweifel, daß die Ohrenbeichte im Sinn dieser Verpflichtung, alle Sünden aufzählen zu müssen, vollends im Sinne eines verdienstlichen Werkes, fallen müsse. Was an ihre Stelle treten solle, darüber waren die Reformatoren sich nicht gleich klar. Vielfach bestand die Meinung, die noch in den Schwabacher Artikeln 1529 zum Ausdruck kommt, daß die Beichte freigegeben werden könne, gewiß die idealste Anwendung, die am meisten dein Sinn und der Meinung Christi entsprechen mag; denn die Reformation erkannte klar, daß die Absolution nichts anderes sei als ein evangelisches Trostmittel, nicht ein Erziehungsmittel, noch weniger ein Machtmittel. Die Beichte ein Trostmittel; freilich als solche müßte sie völlig freigegeben sein; doch entschlossen sich die Reformatoren mit Rücksicht auf die großen Gemeinden, mit denen sie es zu tun hatten, und mit Rücksicht auf den niedern Stand der christlichen Erkenntnis, die Beichte als eine erforderliche Einrichtung beizubehalten, und zwar in Verbindung mit dem heiligen Abendmahl. So kommt es in der Augsburger Konfession zum Ausdruck. Da heißt es in Artikel 11, daß die Privatabsolution nicht fallen gelassen, sondern beibehalten werden soll und im 25. Artikel ist gesagt: Die Beichte sei nicht abgetan, sondern es solle niemand zum Sakrament gehen unverhört, d. h. ohne daß man in der Privatbeichte einzeln mit ihm gesprochen habe. Daß man ein Recht hat, derartige Ordnungen festzusetzen, unterliegt keinem Zweifel; denn der Herr hat Seiner Kirche Vollmacht gegeben, Seine Gemeinde zu weiden, also auch die Einrichtungen zu treffen, die erforderlich sind, damit der Trost des göttlichen Wortes in der rechten Weise dargeboten werden kann. Zu bedauern ist, daß die Beichte zu sehr und ausschließlich in Verbindung mit dem Abendmahlsgang festgehalten wurde, und daß nicht genug betont wurde, daß es ein Beichten ohne Abendmahlsgang ebensogut geben kann, wie das heute noch jedem Christen freistehen muß. – Die Beichte in der Form der Privatbeichte ist vielfach nur recht äußerlich behandelt worden. gestaltete sich meist so, daß