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eben eine Formel der Privatbeichte hergesagt oder auch abgelesen wurde und die gute Gelegenheit zur Übung der Privatseelsorge ist offenbar nicht genugsam benützt worden, obwohl gewiß treue Geistliche es im rechten Sinn getan und geübt haben werden, aber vielfach scheint man es doch zu äußerlich damit genommen zu haben. Neben der Privatbeichte hat es immer auch eine allgemeine Beichte gegeben, aber nur im öffentlichen Gottesdienst, entweder beim Beginn des Gottesdienstes – nach der römischen Messe – in dem schönen Sinn, daß die Gemeinde vor allem von Sünden sich reinigen müsse, ehe sie Gott dienen kann oder nach der Predigt, wo als Ergebnis der Predigt das Sündenbekenntnis folgte und dann der Trost der Absolution als Mitgabe für die Rückkehr ins Leben und die Arbeit in der Woche gespendet wurde. Wegen der vielfachen Veräußerlichung der Privatbeichte und Absolution hat der Pietismus die Privatbeichte ins Wanken gebracht. Johann Schade war es, der gegen die Ordnung des Beichtstuhles wütete, ihn einen Teufelsstuhl nannte, durch den die Seelen sicher gemacht würden, indem auf ihr abgelesenes Bekenntnis die Absolution gespendet und darum falsche Sicherheit in ihnen hervorgerufen würde. Und nachdem der Pietismus die Privatbeichte ins Wanken gebracht hatte, hat der Rationalismus sie vollends gestürzt. In Berlin ist sie schon im Jahre 1698 abgeschafft worden unter dem Einfluß der reformierten Kurfürsten. Im übrigen Preußen geschah es im Jahre 1739, in unsern Landen, die sich je und je durch Festhalten der kirchlichen Ordnungen auszeichneten, sehr spät erst, 1788 in Ansbach, 1790 in Bayreuth, 1799 in Nürnberg für die Stadt, im folgenden Jahr für den Burgfrieden. Der Erlaß des Ansbacher Konsistoriums zeichnete sich durch sichtliche Sorge um den Bestand des gläubigen Bekenntnisses aus. Es wird darin stark betont, daß die Augsburgische Konfession an der das Blut der Bekenner hafte, durchaus in Geltung in der Kirche bleiben müsse und es wurde angeordnet, daß die Spendeformel und die Konsekration nicht geändert werden dürfe, aber im übrigen wurde es den Pfarrern freigestellt, neben der Brandenburg’schen Kirchenordnung fernerhin auch die Seilersche Agende zu benutzen, die ganz und gar im Dienst des Rationalismus stand. Es scheint, daß das Konsistorium Ansbach und Bayreuth ungern nachgab, aber es wurde doch bestimmt, daß denen, die vom Hersagen der Beichte dispensiert sein wollten, eine Anrede gehalten werden könne, an deren Schluß man ihnen eine Frage nach Seiten der Sündenerkenntnis vorlesen solle und sie sollten dieselbe dann bestätigen mit ihrem Ja.

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 So ist an Stelle der Privatbeichte die allgemeine Beichte getreten. Das Ergebnis war ein merkwürdiges. Im Jahr 1799 ist die Kommunikantenzahl in Nürnberg um 6000 zurückgegangen. Es hat also dieser Sturz einer bestehenden Kirchenordnung nur im Dienst des damaligen Unglaubens gewirkt und es hat sich an diesen Punkt das Herabsinken des kirchlichen Lebens angeknüpft. So trat die allgemeine Beichte ein und sie ist in ihrer damaligen Ordnung schon deshalb ungünstig,