Seite:Wilhelm Löhe - Gutachten in Sachen Abendmahlsgemeinschaft.pdf/36

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

durch Liebe und Freundlichkeit zu begütigen, irgend wie deinen Standpunkt gelten zu laßen und ihn wie eine Wunde mit zarter Hand zu berühren. Man kann die Sonne eines Schlachttages mit einiger Glorie untergehen laßen, wenn sie nur untergeht. Ist der Pfarrer recht klug, so behandelt er dich wie einen Genesenden, mit viel Aufmerksamkeit, sucht die verwandten Seiten seiner Ueberzeugung mit der deinen hervorzuheben, erweist in dem und jenem Stücke, worauf dirs ankommt, Sorgfalt, Strenge, Vorsicht u. s. w., und sucht auf diese und andere Weise das Verhältnis mit dir so gut wie möglich zu machen, die Reue über deinen Anschluß zu verhüten, dich mit gutem Mörtel in seine Abendmahlsgemeinschaft einzukitten. Seine Gleichgesinnten geben ihm dafür das Lob großer Pastoralklugheit, du gibst’s ihm am Ende auch, wirst lau in deiner Erkenntnis, in deinem Widerspruch und versöhnst dich am Ende mit der Ansicht der Gegner, die du niemals theilen solltest. Hier ist ohne Zweifel Gefahr.

.

 Ueberhaupt wird die Gegenpartei das Einschlagen eines solchen Verfahrens sich zum Siege deuten, es wird an Hohn und Triumph nicht fehlen; wer sich müde und mürbe machen läßt, wird immer in der Gefahr sein, auch innerlich auf die entgegengesetzte Seite zu treten. Da wäre es dann freilich beßer gewesen, man hätte mit Anstrengung aller, auch der letzten Kräfte, sich in eine Gemeinde gerettet, mit der man im Frieden zu Gottes Tisch gehen kann. Wer einen Standpunkt des Widerspruchs aufgibt und sich irgendwie mit seinen Gegnern vereinigt, ohne innerlich vereinigt sein zu wollen, der betritt einen so steilen Weg, daß eine hohe und heilige Seele dazu gehört, wenn man auf demselben nicht verunglücken soll. Da ich den obigen Rath schon

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Löhe: Gutachten in Sachen der Abendmahlsgemeinschaft. Verlag der C.H. Beck’schen Buchhandlung, Nördlingen 1863, Seite 36. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Gutachten_in_Sachen_Abendmahlsgemeinschaft.pdf/36&oldid=- (Version vom 1.8.2018)