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Wilhelm Löhe: Meine Suspension im Jahre 1860. Acht Wochen aus dem Leben eines Landeskirchlichen Pfarrers

Beßerung? Da sollten die Hirten einig werden, denn sie sind, so weit man nach Hilfe unter Menschen umschauen kann, noch immer die besten Helfer, die Helfer von Beruf, deren vereinte, dem Worte Gottes entsprechende Stimme nicht ungehört verhallen würde.

 Sie sollten den vorhandenen Uebeln ins Angesicht schauen und ihre Quellen suchen.

 Sie sollten Uebel und Quelle nicht verheimlichen, sie zeigen, Erkenntnis der Sünden schaffen, und wie Daniel in seinem neunten Kapitel für alle Buße thun.

 Sie sollten die Versuchungen aufzeigen und erklären, welche den jungen Geistlichen beim Eintritt in ein solches Kirchenganzes umgarnen und ihm sein Verständnis und seine Kraft zur guten Ritterschaft nehmen.

 Sie sollten die Schwierigkeit zu helfen erkennen und dadurch barmherzig und geduldig werden.

 Sie sollten die üble Einwirkung der Verhältnisse erwägen, immer wieder erfahren und erwägen, und dadurch ihren Eifer wach und ihre Ausdauer kräftig erhalten.

 Sie sollten getreulich zusammenstehen und einstimmig sich wehren, wenn vorhandene Umstände oder Satzungen von gottlosen Leuten zur Untertretung der Frommen und zum Hohne Christi misbraucht werden.

 Sie sollten ihren armen Amtsbrüdern und anderen frommen Christen, die vielleicht ihre guten Sachen durch verkehrtes Benehmen oder sogenannte Formfehler verderben, beistehen und es nicht dulden, daß das Gute durch oberflächlich bureaukratische Verhandlung unterliegt, und je mehr und mehr die frommen Herzen entmuthigt werden.

 Sie sollten die üblen Ausnahmszustände, welche jede Landeskirche den Gottlosen bewilligt und bewilligen muß, als unvermeidliche Flecken im Angesichte der Kirche beleuchten und würdigen, damit man sie nicht für Rechtszustände nehmen könnte.

 Sie sollten von Gott gestiftete beßere Ausnahmszustände lieben und loben und den Herrn anrufen, daß immer mehr Oasen in der Wüste erblühen, wo sich die versprengte und zerstreute Schaar derer, die nach der Gerechtigkeit hungern und dürsten, erquicken und stärken könnten für das arme Leben in den Landeskirchen.

 Sie sollten mit der Zuversicht des guten Gewißens und in der

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Löhe: Meine Suspension im Jahre 1860. Acht Wochen aus dem Leben eines Landeskirchlichen Pfarrers. C. H. Beck’sche Buchhandlung, Nördlingen 1862, Seite 42. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Meine_Suspension_im_Jahre_1860.pdf/46&oldid=- (Version vom 1.8.2018)