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 Aber wir forderten ja zu viel, da wir eine Zustimmung zur Concordia forderten, und die Synode hat gerade das Rechte gethan, da sie sich zum Bekenntnis verstand, Pfarrer Kraußold scheidet zwischen Bekenntnissen und Bekenntnis, hält eine Beistimmung zu diesem, aber nicht zu jenen (bloß für die Generalsynode?) für möglich, – und doch identificirt er zuweilen beide wieder, wenn ich recht verstand. – Es wird mir immer, ich gestehe, wunderlich zu Muth, wenn ich höre, man habe den Bekenntnissen im rechten Maße gehuldigt, wenn man dem Bekenntnis Beifall gegeben. Es ist ja doch am Tage, daß „Bekenntnis“, in der Unbestimmtheit, in welcher es gesagt ist, einer Deutung fähig ist, daß man sich darunter Verschiedenes denken kann. Man dachte sichs ja auch auf der Generalsynode verschieden, man thut es ja noch. Ists denn nicht offenbar, daß in allen deutschen Ländern eine große Anzahl lutherisches Bekenntnis will, aber nicht die Bekenntnisse, daß man jenes will, während man diese entweder nicht kennt oder gar verwirft? Ist es denn nicht durch Herrn Bucher, der den Bekenntnisact auf der Synode hervorgerufen, hernachmals ganz unabweisbar dargelegt, daß er seinen Antheil am Bekenntnis ganz anders verstand, als z. B. Pfarrer Kraußold den seinigen? Das ist ganz wahr, daß rechtverstanden und in andern Zeiten der Ausdruck: „Das Bekenntnis ist in den Bekenntnissen enthalten“ gar kein Bedenken hat. Aber jetzt, in dieser Zeit der innern Auflösung und der innern Gegensätze, wo hochgefeierte Männer gar nicht anstehen die Landeskirchen Confusionskirchen zu nennen! Wo jeder auch ganz klare Sachen nach seinem Sinne deutet, wo es drauf ankommt, so zu reden, daß man es nicht misverstehen kann! Ich muß gestehen, daß mir in diesem Punkte das Zeugnis von Herrn Dr. Fickenscher unparteiischer als das von Herrn Pfarrer Kraußold erschien, so viel verwandter ich mich auch diesem fühle und bekenne. Mich macht traurig, wenn ich Herrn Pfarrer Kraußold von jenem Bekenntnis der Synode zum lutherischen „Bekenntnis“, das am 5. Februar 1849 geschah, so groß reden höre. Ohne sein eigenes Zeugnis würde ich nicht leicht geglaubt haben, daß er, namentlich bei so vielen nachfolgenden Widersprüchen, eine so hohe Meinung von einer Sache habe, über welche so manche seiner mir gleich ihm gegenüberstehenden Freunde einfacher und klarer sehen. Gewis hat Herrn Pfarrer Kraußold zu dieser Meinung nur oder doch großentheils die Bedeutung bestimmt, welche man jenem Bekenntnisacte vom juridischen oder kirchenpolitischen Standpunkte beilegen konnte. Irre ich, laß ich mich weisen, aber in dem Stück nicht gerne, weil ich nun einmal für die Beßerung unsrer jammervollen Zustände aus jenem Bekenntnis nicht viel von Bedeutung schließen kann und drum beklage, wenn andere überschätzen. Wollte Gott, ich sähe falsch! – Ach! ich will mich gar nicht vom Irrthum ausnehmen; ich hätte in dieser Sache manches anders und beßer sagen können, sagen und thun. Gott sei mir nur gnädig! Aber mir ist immer, als beruhigte sich mancher theure Freund über eine sehr betrübte Sache oft nur durch eine gute Deutung, eine fröhlichere Ansicht. Es ist mir auch mit der ganzen Auseinandersetzung so gegangen, die Pfarrer Kraußold über quia und quatenus gibt: eine Distinction hilft ihm – und siehe, gebeßert und geholfen in der Sache ist nichts. Denn sittlich im höhern Sinn ist eine Verpflichtung auf

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Wilhelm Löhe: Unsere kirchliche Lage im protestantischen Bayern. Verlag der C.H. Beck'schen Buchhandlung, Nördlingen 1850, Seite 59. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Unsere_kirchliche_Lage_im_protestantischen_Bayern.pdf/68&oldid=- (Version vom 1.8.2018)