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öffentlich behauptet hat, man habe der Petition nur deswegen den Eingang zur Synode gegönnt, damit die Petenten mindestens den Trost hätten, gehört worden zu sein. Man hätte also die gerechten Bitten, die wir stellten, nur abgefertigt, um sie zu beseitigen.

 Mehrere unter uns klagten sich den Jammer, den wir hatten, – und wir fanden die Lage der Sachen um so trauriger, weil wir andere so befriedigt sahen. Es trat nach der Synode eine Windstille, eine Thatlosigkeit in vielen zuvor rührigen Kreisen ein, wie wenn die einen nun auf ihren Lorbeeren ausruhen wollten, die andern aber in jenes Ermatten sinken wollten, das nach einer großen Anspannung vergeblichen Wartens einzutreten pflegt. Wir fanden Gründe, zu fürchten, es möchte nicht bloß alles beim Alten bleiben, sondern etwa gar schlimmer wie zuvor werden. So wie die Sachen standen, sah es sehr zweifelhaft aus, ob nur das, was beschloßen, im Sinne der Kirche oder in einem andern Sinne genommen und ausgeführt werden würde.

 Nicht die uns widerfahrene Behandlung, die wir – von meiner Seite weiß ichs gewiß, von meinen näheren Freunden glaube ich es – in Frieden hinnahmen; aber die im Ganzen ungeänderte Lage, und die Meinung, daß auch vom Synodalbescheid, so wie die Sachen lagen, kaum das, was die Synode wollte, geschweige mehr zu erwarten sein dürfte, – legte es mir und einigen andern nahe, die Landeskirche zu verlaßen. Bei einer Versammlung, welche wir einige Wochen vor Ostern in Nürnberg hielten, las ich eine Beleuchtung der Synodalbeschlüße, wie ich sie nach meiner Ueberzeugung geben konnte, vor und gab zum Schluß mein Votum dahin ab, daß wir wohl am besten thun dürften, aus der Landeskirche auszutreten. – Bei der hierauf folgenden Discussion beantragte einer der Brüder nochmalige Ueberlegung. Ich fand den Antrag ganz recht und unterstützte ihn. Auch andere thaten es, und man setzte sich eine vierwöchige Frist zur Ueberlegung.

 Am Abend nach dem Gespräche saßen die versammelt gewesenen Brüder, welche zum Theil aus entlegeneren Gemeinden waren und nicht zu Tisch heimgehen konnten, miteinander bei Tisch. Da beantragte nun einer, ich weiß nicht mehr, wer? den Druck meines Votum. Es wurde nun an dem Abend und auch noch im engeren Kreise am andern Tage für und wider den Druck geredet. Nach einiger Zeit entschloß ich mich selbst zur Veröffentlichung. Ich war der Meinung, daß es gar nicht schaden könnte, weder mir, noch andern, wenn mein Votum in weiteren Kreisen überlegt und besprochen würde. Meine Meinung war einmal so, ich wünschte sie geprüft zu sehen. Ich sah nicht ein, warum ich sie in einer Zeit nicht sagen sollte, wo man durch die Presse fast mehr zu reden pflegt, als durch Zungen. Es sind seitdem viele Monden vergangen, wenn ich aber, obschon nach mancher bittern Erfahrung, die man mich machen ließ, sagen wollte, daß mich die Veröffentlichung bei ruhiger Ueberlegung reue, so thäte ich nicht recht. Es hat, denk ich, kein Mensch davon Schaden gehabt, als ich, der ich freilich für

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Wilhelm Löhe: Unsere kirchliche Lage im protestantischen Bayern. Verlag der C.H. Beck'schen Buchhandlung, Nördlingen 1850, Seite 71. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Unsere_kirchliche_Lage_im_protestantischen_Bayern.pdf/80&oldid=- (Version vom 1.8.2018)