Seite:Wilhelm Löhes Leben Band 1 (2. Auflage).pdf/230

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vielen Privatstunden, die er im Helferich’schen, Merkel’schen und Roth’schen Hause gab, noch gar keine Erwähnung geschehen. „Daß er in beständiger angespannter Thätigkeit war, weiß ich“ – sagt einer von Löhe’s Freunden aus damaliger Zeit – „aber ebenso auch, daß sie nie die Art einer hastigen Geschäftigkeit hatte, sondern stets eine wohlgeordnete und bei allem Eifer gelassene war, wie er sich denn auch mehr aufsuchen ließ als aufsuchte und niemals sich aufdrängte. Hatte er aber den ganzen Tag gearbeitet, so war er dann doch noch bereit, am Abend für einen Freundeskreis Bibelstunden zu halten.“

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 So groß die Thätigkeit Löhe’s war, so reich gesegnet war sie. Eine durchschlagende Wirkung hatten namentlich seine Predigten. Als Prediger sah er sich schon äußerlich unterstützt durch eine wahrhaft unverwüstliche Kraft der Lunge und der Stimme. Er predigte oft so lange und zwar unter gespanntester Aufmerksamkeit der Zuhörer, daß der Abend einbrach, und der Küster trotzdem, daß der Gottesdienst bereits um 21/2 Uhr begonnen hatte, Lichter auf die Kanzel bringen mußte, wo dann Löhe nach geendigter Predigt strophenweise die Verse des Schlußliedes vorsagte. Seine Löwenstimme erscholl so gewaltig in den weiten Räumen der Aegidienkirche, daß Leute von schwachen Nerven oft ohnmächtig weggetragen werden mußten.[1] Das christliche

  1. Ein Augenzeuge erzählte uns: wenn Löhe predigte, seien die Räume der Aegidienkirche bis auf den letzten Sitz gefüllt, ja auch die Gänge zwischen den Sitzreihen so dicht besetzt gewesen, daß man meinen konnte, es sei auch nicht für Einen mehr Platz vorhanden. Einen Gemeindegesang wie damals, wenn die Tausende von Zuhörern nach geendigter Predigt das von Löhe strophenweise vorgesagte Lied nachsangen, habe er sein Lebtage nicht mehr gehört. Am Ausgang der Kirche sei er (der Erzähler) einmal an zwei jungen Leuten, anscheinend Commis, vorüber gegangen, von denen unter dem Eindruck einer eben gehörten Predigt Löhe’s der eine zu dem andern sagte: „Jetzt das ist aber ein Kerl.“