Seite:Wilhelm Löhes Leben Band 1 (2. Auflage).pdf/403

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Wie oft erinnere ich mich an die einst von meinem theuern Lehrer Krafft gesprochenen Worte, deren lutherische Auslegung zu machen, mir freilich selber heim fällt: „eine jede der beiden Confessionen bewahre das Kleinod, das sie hat, bis auf den Tag des Herrn!“ Was mich anlangt, ich möchte es thun, wünsche von ganzem Herzen, daß, wofern es möglich wäre, aus der Apologie niemals eine Polemik, viel weniger ein Haß und eine Bitterkeit werden möge. Es können freilich Zeiten kommen, wo es Mangel an Liebe Gottes sein würde und an Liebe zu den Menschen obendrein, nicht kämpfen wollen! Ruhe der Seelen aber im Streit, und einen Streit, bei dem man die Verheißung einzugehen zu jener Ruhe, Ebr. 3, 4, nicht versäumt.

 Sehr anregend und zum Ueberlegen reizend ist, was Sie mir gütigst über die Aeltesten mittheilen. Wer nur Macht und Weisheit hätte, eine so wohl eingerichtete Hütte Gottes unter den Menschen zu gründen! Für Verhältnisse, wie die unsrigen im bayerischen Vaterlande sind, bleibt freilich nichts übrig, als sich mit der Krone unsrer Kirche, dem reinen Wort und Sacrament, zu begnügen. Daß wir diese im schönsten Glanze tragen dürfen, unverwehrt, hat mich heute erst herzlich getröstet, da ich in Grundtvig’s kühner Weltchronik so manches las, was mich trieb, die inwendigen Flügel der Sehnsucht zu regen.

 Seitdem ich Ihren letzten Brief erhalten, bin ich Pfarrer von Neuendettelsau geworden und werde am 1. August diese meine Pfarrei antreten. Dazu hat mir mein Gott, der mich von Jugend auf lieblich geleitet hat, noch zwei große Wohlthaten gethan. Erstens hat er mir den tüchtigsten unter allen meinen Brüdern, meinen Universitätsfreund Wilh. Tretzel, zum Verweser meiner Pfarrei gegeben. Wo dieser noch das Amt versah, trieften seine Fußstapfen vom Segen, sein Amtsgang