Seite:Wilhelm Löhes Leben Band 2.pdf/179

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von dem kenntlichen Hervortreten des Leidens an währte es, bis die Krankheit, ein Leiden der Unterleibsorgane verbunden mit Wassersucht, ihr Werk der Auflösung an dem siechen Leibe vollendet hatte. Die Beobachtung dieser Krankheit in ihrem Einfluß auf die Seele und deren Stimmungen war für Löhe selber eine Art Studium und bald auch ein Thema seiner seelsorgerlichen Gespräche mit der Kranken. Neunundzwanzig Mal wurde sie während der Dauer der Krankheit operiert. War die gewöhnliche Operation vorüber, so war die Kranke heiter, lebenskräftig, ja anscheinend gesund, so daß sie lange Briefe schrieb, Gedichte machte etc. Wenn dann das Wasser sich wieder sammelte und die Qual sich mehrte, legte sich der Druck des Leidens schwer und abstumpfend auch auf die Seele, bis der Arzt ihr wieder Erleichterung bringen mußte. Dann schrieb und sang und dichtete und freute sie sich wieder über Alles, und dieser Turnus kehrte, wenn auch je länger in desto kürzeren Fristen, immer wieder. An der Regelmäßigkeit dieses Verlaufes, der bei gleichen leiblichen Erscheinungen auch immer dieselben seelischen Erfahrungen brachte, zeigte nun Löhe der Kranken den Zusammenhang Leibes und der Seele und belehrte sie darüber, wie unwesentlich, weil ganz und gar nur in leiblichen Zuständen wurzelnd, Schwankungen des psychischen Befindens für die im Glauben an die Gnade Gottes in Christo zur Ruhe gekommenen Seele seien. Ja er lehrte sie anknüpfend an den lediglich durch körperliche Zustände bedingten Wechsel von Leid und Freud in ihrem Krankenleben den Tod selbst für nichts Anderes ansehen, als für die letzte Einwirkung des Leibes auf die Seele, die nach wenig Augenblicken weichen und dann jener unaussprechlichen und verklärten Freude Raum schaffen werde, die keinem Wechsel mehr unterworfen ist. Noch erinnere ich mich, wie Löhe des Eindrucks voll, den er an diesem Sterbelager empfangen,

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 173. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/179&oldid=- (Version vom 1.8.2018)