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genesenen Menschen. Später besuchte er Löhe aus Dankbarkeit noch mehrfach, und es konnte sich jedermann überzeugen, daß er genesen war und blieb.




 Ein Mädchen aus der Gegend des Hahnenkammes wurde zu Löhe gebracht mit dem Bemerken, sie sei „angefochten“, und mit der Bitte, Löhe möge für sie beten. Alle jene Leiden, welche von unregelmäßigem Blutumlauf oder von gestörtem Nervenleben stammend auf das Gemüt wirken und so verschiedenartige Krankheitszustände hervorrufen, sind in der Altmühlgegend, besonders unter der Landbevölkerung, sehr häufig, und jeder Leidende dieser Art nennt sich „angefochten“. Das Mädchen, von dem wir reden, eine große, stattliche Bauerndirne, hatte heftige Zufälle, so daß die Ihrigen sie auch für besessen hielten. Natürlich hatte auch sie schon an vielen Orten Hilfe gesucht; sie trug um den Hals ein Amulet und auf dem Rücken oder der Brust ein Säckchen, das ihr ein katholischer Geistlicher umgehängt hatte. Löhe nahm ihr diese Dinge ab und fand in dem Säckchen, das fest zugenäht war, ein Streifchen Papier, auf dem mit allerlei Zeichen und Schnörkeln ein Spruch aus dem Evangelium Johannis stand; in das Papier waren einige Schweins- oder Hundshaare und ein Stückchen Knochen eingenäht. In andern Fällen der Art fand Löhe in ähnlich beschriebenen Papierstreifen kleine Kreuze oder Medaillen von Blech. Auf die Bitte der Anverwandten willigte Löhe ein, die Dirne einige Tage bei sich zu behalten und zu beobachten. Um sie zu beschäftigen, schickte er sie zu den Mägden in die Küche, wo sie auch eine Weile spülen half. Plötzlich sieht Löhe, der gerade am Fenster stand, von oben – vom Bodenladen aus – etwas herabfliegen. Er meint, es sei ein Kissen oder sonst etwas, aber mit Entsetzen bemerkt er, wie das vermeintliche

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 209. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/215&oldid=- (Version vom 1.8.2018)