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Sterbe ich vor Dir, was Gott nach seinem heiligen Willen schicke, so habe, bitt ich, als ein treuer Beistand meines, wills Gott, lange mich überlebenden Weibes, ein Auge darauf, daß mein Kind im Glauben seines Vaters unterrichtet und für die evangel.-lutherische Kirche erzogen werde. Das Kind ist gestern Abends 3/49 Uhr geboren, während ich einen Sterbenden einsegnete. Wir werden es Philipp nennen. Der Name fällt nicht ins Ohr, ist nicht sentimental, aber eines Apostels Name und Name dessen, der den Kämmerer von Mohrenland taufte.

Leb wohl. 
W. L.“ 




 Von seinen Kindern Pflegte Löhe zu sagen: „Für mich haben sie einen Vorzug, den sonst keine Kinder in der Welt in meinen Augen haben: sie sind mein. Das ist das Höchste, was ich von ihnen zu sagen weiß.“

 Was Löhe’s Kinderzucht anlangte, so handelte er hier nach dem Grundsätze, daß alle Erziehung eine Erziehung zur Freiheit und Selbständigkeit sein müsse. Daher verlangte er zwar von seinen Kindern pünctlichen Gehorsam, ohne sie jedoch durch Gebote und Verbote allzusehr einzuengen. Pietistisches Drängen und Treiben war ihm wie überhaupt, so namentlich in der Kinderzucht, widerwärtig. Je gesetzlicher die Zucht, desto größer – meinte er – sei die Gefahr des Misbrauchs der Freiheit, wenn die Kinder einmal dem älterlichen Gängelbande entwachsen wären. Ueberhaupt sei alle äußerliche Zucht bald an der Gränze ihrer Wirksamkeit angelangt, sie könne wie das Gesetz in seinem ersten Brauch nur die groben Ausbrüche der Sünde zurückdämmen; das Pfingsten, durch welches dem Menschen das Gesetz ins Herz geschrieben wird, müsse jedem vom h. Geiste bereitet werden etc. Von diesen Grundsätzen aus waren auch seine

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/35&oldid=- (Version vom 1.8.2018)