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Allein die eingekommenen Erklärungen haben jene Erwartung leider nicht bestätigt.

 Wenn auch in einigen Eingaben eine Erläuterung versucht wird, so bleibt doch kein Zweifel übrig, daß jene Geistlichen sämtlich auf dem wesentlichen Inhalt ihrer früheren Eingaben beharren. Demnach muß angenommen werden, daß sie in folgenden Punkten übereinstimmen:

1) daß jede, auch die durch unvermeidliche Verhältnisse herbeigeführte ausnahmsweise Zulassung einzelner Reformierter und Unierter zum Abendmahl nach lutherischem Ritus eine unerträgliche Sünde sei;
2) daß sie keinen Christen und keinen Pfarrer, der solche ausnahmsweise Abendmahlsgemeinschaft hält oder in Schutz nimmt, für wahrhaft lutherisch zu erkennen im stande seien;
3) daß sie keinen der lutherischen Kirche angehörigen Christen, welcher gemeinschaftlich mit Reformierten oder Unierten das heilige Abendmahl genossen, zur Kommunion annehmen wollen, ohne ihn vorher zur Erkenntnis und zum Bekenntnis seines Irrtums und seiner Sünde gebracht zu haben;
4) daß sie jeden, der seinem Pfarrer wegen gemischter Abendmahlsgemeinschaft das beichtväterliche Verhältnis nach Einhaltung der vorgeschriebenen Bestimmungen gekündigt hat, zur Kommunion annehmen und in seiner Entschiedenheit stärken wollen.

 Bei solcher, in diesen Erklärungen angekündigten Verhaltungsweise kann die Ordnung und der Friede der Kirche unmöglich bestehen.

 Die oberste Kirchenstelle, als Hüter der Einheit der Kirche, im Bewußtsein auf dem Boden des Bekenntnisses zu stehen, und darnach die Zustände der Kirche bemessend, hat den beteiligten Geistlichen gegenüber schon früher bezeugt, daß die in einigen wenigen Orten ausnahmsweise bestehende Abendmahlsgemeinschaft zwischen Lutheranern, Reformierten und Unierten den Bekenntnis- und Rechtsstand der evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern in keiner Weise beschränke, oder verändere, und die wiederholt aufgestellte Behauptung, daß eine solche Gemeinschaft als Sünde zu bezeichnen sei, muß als Irrtum erklärt werden.

 Weit entfernt, einzelne Geistliche, welche sich in ihrem Gewissen dagegen gebunden glauben, zur Austeilung des Abendmahls an Reformierte und Unierte nötigen zu wollen, kann doch das Oberkonsistorium nicht gestatten, daß subjektive Vorstellungen einzelner bestimmend auf die Gesamtheit, oder gar störend sich geltend machen, noch weniger, daß durch Bildung einer konfessionellen und sakramentalen Sonderstellung eine Separation in der Landeskirche faktisch sich gestalte. Die Beteiligten müssen daher daran erinnert werden, daß nach den ohne Ausnahme

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 407. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/413&oldid=- (Version vom 1.8.2018)