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früher bestandenen Verbindungen über diese Lehrdifferenzen zu keiner Verhandlung. Aber zwei Pastoren der Missourisynode, die selbständig zu ähnlichen eschatologischen Überzeugungen wie Löhe gelangt waren und zu ihrer Stärkung im Kampf Löhes Rat und Trost gesucht hatten, verfielen dem Anathema der Missourisynode.

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 Für Löhe war dies nicht überraschend. Er schrieb am 13. März 1857 an den einen jener beiden Pastoren: „Das Anathem der Missourisynode trifft allerdings auch mich, und zwar zum zweiten Male, da ich ihr ja schon einmal wegen der Amtslehre in die Hände gefallen bin. Ich kann das Thun der Synode ganz begreiflich finden, weil ich ja ihren Standpunkt kenne. Die Führer der Synode haben sich Luther und den lutherischen Theologen so ergeben, daß sie anders als unter Vermittlung derselben auch das Wort Gottes nicht lesen können. Wie können sie sehen, da ihre Augen eingenommen sind, und hören, da sie ein Ohr nur für ihre Gewährsmänner haben. Als ich jünger war und den Weg der lutherischen Kirche als richtig erkannte, that ich auch wie die Brüder in Missouri. Ich nahm um des großen und gerechten Zutrauens willen alles an, was die Väter sagten; und wenn mir auch nicht alles innerlich genügte, wagte ich doch nicht, meinen eignen Augen zu trauen, wenn ich im Worte Gottes las; meine Gewährsmänner mußten recht haben, weil ich doch meinem eignen Urteil nicht trauen durfte. Im Verlaufe der Zeit konnte ich jedoch dem Lichte des göttlichen Worts nicht widerstehen, und je mehr ich in Anbetracht der Hauptsachen von der Reinheit der lutherischen Lehre überzeugt wurde, je mehr erkannte ich, daß Gott der HErr in diesen unseren Tagen seiner armen Kirche in etlichen anderen Punkten größeres Licht und schönere Klarheit geben wollte, als unsre Väter hatten. Zu diesen Punkten gehört auch Eschatologisches, insonderheit, was die Hoffnung Israels, die tausend Jahre und die Wiederkunft des HErrn betrifft. Wie überhaupt in Exegese und Historie,

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 120. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/125&oldid=- (Version vom 1.8.2018)