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seien bereit, in den Tod zu gehen, Martern zu erdulden, für einen großen Gedanken zu sterben.

 Aber man könne auch, um einen zweiten Unterschied des Heidentums und Christentums hervorzuheben, umgekehrt sagen, daß durch das Christentum das Ordentliche außerordentlich, das Gewöhnliche ungewöhnlich, das Gemeine ungemein geworden sei. Das Christentum habe die geringen und niedrigen Geschäfte des alltäglichen Lebens geadelt und zu eitel priesterlichem Werk und Opfer umgewandelt, vorausgesetzt, daß sie in Jesu Sinn und Geist, und Ihm zu Ehren vollbracht werden. Eine Ahnung davon finde sich schon im alten Testament, wo neben der Prophetin Debora, die eine hervorragende Gestalt im Reiche Gottes ist, auch jener andern Debora, die in der Welt keinen Namen hatte, die nichts weiter war, als die treue und fleißige (Debora heißt „Biene“) Amme Rahels vom h. Geist ein Ehrengedächtnis gestiftet werde (1 Mos. 35, 8). So seien auch im neuen Testament die Namen der frommen Frauen, die Jesu nachfolgten und ihm von ihrer Habe Handreichung thaten, im Buch der Bücher ausgezeichnet, und mit ihnen leben so unscheinbare Personen, wie der Bettler Servulus, der von seinen Almosen Wohlthat übte, wie die Dienstmagd Radegund, die in den Stunden, welche der Dienst ihrer Herrschaft ihr frei ließ, Kranke pflegte, unvergessen im Andenken der Kirche fort, nicht, weil sie Außerordentliches thaten, sondern weil ihre niedrigen und unscheinbaren Werke groß und ungemein wurden durch die Beziehung auf Jesum, dem zu Lieb und Ehren sie vermeint waren. Diese letztere Wirkung des Christentums (daß es das Gewöhnliche außerordentlich gemacht habe) sei nach des HErrn eigenem Urteil (Matth. 25, 35 ff) noch größer als jene erstere.

 Diese Anschauung vom Beruf, die auch die niedrigen Berufswerke zu adeln weiß durch die Beziehung auf Jesum, die den ganzen Diakonissendienst für nichts anderes ansieht, als für ein beständiges

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 178. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/183&oldid=- (Version vom 1.8.2018)