Seite:Wilhelm Löhes Leben Band 3.pdf/209

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Stunden, eine Nachahmung einer auf amerikanischen Schulen herschenden Einrichtung. Es waren nicht eigentliche Lehrstunden: die Diakonissen hörten, mit irgend einer weiblichen Arbeit beschäftigt, den Vorträgen zu, die entweder von Löhe selbst, oder von einer der befähigteren Schwestern gehalten und dann gemeinsam besprochen wurden, und die entweder in selbständigen Arbeiten oder Referaten und Auszügen aus andern Schriften und Blättern bestanden. Der Stoff zu diesen Mitteilungen und Besprechungen sollte dem Gebiet der Barmherzigkeit und des Diakonissentums entnommen werden, doch sollten auch in entfernterem Zusammenhang damit stehende und nur irgendwie nachbarlich angrenzende Gegenstände von der Besprechung nicht ausgeschlossen sein. So wurde z. B. eine Zeit lang im Interesse des Studiums der h. Gefäße Gottfr. Sempers Schrift: „Der Styl in den technischen und tektonischen Künsten oder praktische Ästhetik“ gelesen und besprochen. Die Absicht der ganzen Einrichtung war: geistige Hebung der Diakonissin im Allgemeinen und Vertiefung und Förderung ihrer Berufsbildung im Besonderen. Da hiezu namentlich auch Kenntnis der so äußerst mannigfaltigen Arbeitsgebiete der barmherzigen Liebesthätigkeit und der Leistungen innerhalb derselben gehörte, für die Kenntnisnahme von denselben aber die tägliche Arbeit des Berufs der einzelnen Diakonissin keine Zeit übrig ließ, so sollten – dies war die Idee der sog. akademischen Stunden – die Schwestern unter sich einen Verein bilden, dessen einzelne Glieder sich auf das Studium der verschiedenen Partieen der einschlägigen Literatur verlegten und in wöchentlichen Versammlungen die Frucht ihres Forschens kund gäben, damit auf diese Weise das spezielle Studium Einzelner zum Gemeingut aller würde. Wie anregend und belehrend diese akademischen Stunden gewesen sein müssen, läßt sich schon aus der Wahl der bearbeiteten Themata schließen, und gewiß war Löhes Erwartung, daß bei allseitiger reger Teilnahme

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 204. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/209&oldid=- (Version vom 1.8.2018)