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zeitweilige Aufenthalt erholungsbedürftiger oder augenblicklich berufloser Schwestern im Mutterhause dienen. Man nahm sich vor, „solche Epochen im Leben einer Diakonissin nicht allzu ängstlich zu vermeiden, da sie derselben Gelegenheit gäben zur inneren Sammlung und Restauration, zur Wiedererweckung des einst empfangenen Unterrichts, zur Fortbildung, zur Stärkung und Erfrischung des Gemeinschaftsgefühls. Schon daß eine Diakonissin, die vielleicht anderwärts eine leitende Stellung einnahm, bei zeitweiliger Anwesenheit im Mutterhause sich wieder in ein Ganzes fügen und an Unterordnung gewöhnen müße, sei eine gute Schule der Selbstverleugnung und für eine Schwester, die etwa von der weichlichen Luft der Welt sich habe verwöhnen lassen, sei die geistige und geistliche Atmosphäre des Mutterhauses das wolthätigste Stahlbad zur Erfrischung und Kräftigung ihres inneren Menschen.“

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 Wie anderwärts so erwies sich auch in Neuendettelsau die Einführung einer besonderen Diakonissentracht bald als eine notwendige Forderung genossenschaftlichen Lebens. Wollte man durch dieselbe anfangs nur der „widerwärtigen Mannigfaltigkeit der weiblichen Mode des 19. Jahrhunderts“ widerstreben, so erkannte man doch bald, von welcher Wichtigkeit ein Standeskleid für die Diakonissin, wie geeignet es sei, ihr nach innen einen gewissen Halt, nach außen Schutz zu gewähren. Unter Beirat und Beihilfe der ersten Schülerinen ließ man eine Tracht sich ausbilden, „die wohlfeil und schön zugleich und dennoch nicht statiös, wol aber magdlich war“ und auch einer gewissen Symbolik nicht entbehrte. Die schwarze Kleidung sollte auf Weltentsagung deuten, die weiße Schürze, die zum feiertäglichen Schmuck gehörte, sollte an jenes Linnentuch erinnern, mit dem „der größte aller Diakonen“ sich gürtete, als er sich anschickte, seinen Jüngern die Füße zu waschen. Dieselbe Schürze wurde an Werktagen in Blau getragen, der Farbe der Beständigkeit und Treue. Vervollständigt wurde diese

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 212. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/217&oldid=- (Version vom 1.8.2018)