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Notstände, denen es in Amerika abzuhelfen galt, hatten genötigt über Löhes ursprünglichen Plan, der lutherischen Kirche Amerikas durch Ausbildung von Schullehrern zu dienen, hinauszugehen. Löhe ergab sich in diese Änderung und Erweiterung seines ursprünglichen Plans. „Not hat kein Gebot“ – sagte er. „Es ist immer mißlich, wenn die Hebammen Nottaufen verrichten müssen, aber es ist doch besser, die Kinder werden von Hebammen getauft als gar nicht. So muß man auch die Anstellung von weniger ausgebildeten Predigern in Amerika ansehen. Sie sind Nothelfer, sollen und wollen nichts anderes sein, und ihre Aufgabe ist es, mit heiliger Selbstverleugnung dahin zu wirken, daß über ihren Gräbern bessere Zeiten der Kirche erblühen. – Wer sich übrigens einen rechten Begriff von der Möglichkeit einer Wirksamkeit solcher Prediger machen will, der denke nur an die Brüdergemeinde von Herrnhut und deren Sendboten. Wer waren denn die Leute, welche in und außer Europa die großen Erfolge der Herrnhuter Gemeinde anbahnten? Es waren Handwerker etc., die mit heiligem Eifer und in der Furcht des HErrn zum Werke griffen.[1] Warum sollten Leute, welche von gleicher Not und Liebe gedrungen, dazu mit reinerer Lehre ausgestattet, zu ihren Brüdern übers Meer gehen, nicht einen gleichen Segen Gottes finden können? Je länger wir dem Gedanken nachgingen, desto mehr empfahl er sich uns.“ So entschloß man sich denn, die Herrnhuter Weise, natürlich in kirchlich ausgeprägter Gestalt, nachzuahmen und Nothelfer zu erziehen, welche durch ihre Bildung zur Einfalt angewiesen, nichtsdestoweniger ganz bestimmt wüßten, was sie sollten und wollten, und mit den Mitteln vertraut wären, welche zur Erreichung ihres Zweckes dienen


  1. „Persönlichkeit – schrieb Löhe an Petri – ist mehr als Gelehrsamkeit. Vor meiner Ausgabe des Raymundus de Sabunde (oculus fidei) ist eine Eule, eine Taube und ein Adler abgebildet. So sehr ich den Adler der Taube vorziehe, so sehr diese der Eule.“
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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/26&oldid=- (Version vom 1.8.2018)