Seite:Wilhelm Löhes Leben Band 3.pdf/319

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bekannte auch seinen Mangel an Leidensfreudigkeit als Sünde. Aber die gleiche Klage kehrt in seinem Tagebuch noch mehrfach wieder. „Ich weiß – sagt er da einmal – daß meine Traurigkeit sündlich ist, daß ich nicht eigentlich ergeben bin in meinen Weg des Leidens. Sterben erscheint mir schöner als ein gebrochenes Leben. Und doch ist letzteres meine Aufgabe. Vielleicht sollte ich auch ein wenig auf Herstellung einiger Leibeskraft hoffen. Ich bin innerlich nicht wie ich sollte und könnte. O HErr, mach mich zufrieden!“ Er fand, wie viel er noch an sich zu korrigieren habe. „Es gibt Treue im Kleinen, die ich getrost noch lernen dürfte, samt Wahrhaftigkeit, neidloser Liebe, Wohlwollen, Freude an fremder Gabe und – gerne abnehmen.“

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 Auf den Rat des Arztes sollte er, um ganz von den Berufsgeschäften sich auszuspannen, auf einige Wochen von Dettelsau weggehen. Er brachte etwa vierzehn Tage auf dem hohen Peißenberg zu. Dort „fern von und hoch über allem Getümmel“ ward ihm wohler. Freilich rasten konnte sein thätiger Geist nicht; er las und studierte viel, um für die ihm allenfalls noch gegönnte Zeit des Wirkens seinen Geist zu befruchten. Aber auch hier zog es ihn nach kurzem Fernesein wieder heim nach Dettelsau. Nachdem er einige der schönsten Gegenden in den bayerischen Voralpen gesehen und die Herrlichkeiten Hohenschwangaus genossen, schreibt er in sein Tagebuch: „Herrliches Wetter, schöne Blicke. Aber ich gestehe, daß ich alles entbehren kann und daß mir meine Dettelsauer Stille alles ersetzen kann. Ach, ich habe das Reisen genug und würde unaufhaltsam heimwärts streben, wenn ich nicht dächte, ich könnte am Ende doch etwas mehr Kraft und Gesundheit sammeln.“ Doch eben das Gefühl der Erstarkung seiner angegriffenen Gesundheit, geschweige wirklichen Wohlbefindens wollte sich während der ganzen Erholungszeit nicht recht einstellen. Noch wenige Tage vor seiner Rückkehr nach Dettelsau schreibt er in sein

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 314. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/319&oldid=- (Version vom 1.8.2018)