Seite:Wilhelm Löhes Leben Band 3.pdf/321

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Pfarrei anzunehmen, und im Frühjahr 1866 kehrte sein Gehilfe in den Anstalten, der damalige Conrektor Lotze, jetzt Oberkirchenrat in Gera Untermhaus, der ihm zehn Jahre lang treu zur Seite gestanden hatte, und in dem er damals seinen Nachfolger am Diakonissenhaus gefunden zu haben glaubte, in seine Altenburgische Heimat zurück, von wo er später an die Spitze der lutherischen Landeskirche von Reuß jüngere Linie berufen wurde. Derselbe war auf Wunsch Löhes, der, wie gesagt, seit der an Pfingsten des Jahres 1863 erhaltenen Todesmahnung ernstlich darauf bedacht war, sein Haus zu bestellen, d. h. die kirchliche Zukunft des Diakonissenhauses zu regeln, von der Muttergesellschaft bei ihrer Generalversammlung am Laurentiustage 1864 zum Hausgeistlichen erwählt worden, mit dem Auftrag, die geistlichen Funktionen an den Anstalten wahrzunehmen, allerdings, während der Lebensdauer Löhes, nur vicario nomine. Allein die wohlgemeinte Maßregel Löhes, sich bei Lebzeiten schon einen Nachfolger zu bestellen und selbst „abzugeben“ (wie der Dettelsauer Bauer sagt), so beruhigend sie für die Zukunft der Anstalten erscheinen mochte, erwies sich für die Gegenwart als verfrüht. Die neugeschaffene Stellung des Hausgeistlichen barg von Anfang an einen Keim von Schwierigkeiten in sich, die sich nur zu bald herausstellten und keine Lösung fanden als durch den Rücktritt des Hausgeistlichen; ein Ausgang, der ohne Leid und Weh für beide Teile nicht abgieng. „Es gelingt mir nicht – schrieb Löhe damals wehmütig an L. – mir Nachfolger zu erziehen; ich bin auch selbst zu wenig liebenswürdig und anziehend. Aber vielleicht geht es doch wie öfter, daß, die meine Erben nicht werden wollen, reiche Saat auf eigenem Gebiete streuen. Mein ganzes Herz jammert, daß ich so wenig bin und auch andern sein kann und immer einsamer und absterbender werde.“ So war eine doppelte Lücke, und zum Ersatz nichts vorhanden als die jugendliche Kraft eines eben aus der

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 316. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/321&oldid=- (Version vom 1.8.2018)