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civilisatorischen Einfluß europäischer Kultur. – Das größte Hindernis eines gedeihlicheren Erfolgs der Indianermission ist aber die Behandlung, welche die Indianer von den Weißen erfahren haben und noch erfahren. Seit ihrer ersten Berührung mit den Weißen ist die Geschichte der Indianer eine Leidensgeschichte. Aus ihren Wohnsitzen, von den Gräbern ihrer Väter, aus den ihnen angewiesenen Reservationen trotz der feierlichst beschworenen Verträge immer wieder verdrängt, oft mit blutiger Grausamkeit verfolgt, den schamlosesten Betrügereien der Indianeragenten preisgegeben, haben sie allmählich einen Zündstoff des Mißtrauens und Hasses gegen den weißen Mann in ihrer Brust aufgehäuft, der gar manches Mal schon in verheerenden Ausbrüchen sich entlud. Man möchte sich in der That wundern, daß die Missionare überhaupt noch Eingang zu den Herzen der Indianer finden. Und doch füllt die missionierende Thätigkeit der Kirche unter den Indianern kein unrühmliches Blatt der Missionsgeschichte. Auch die von Löhe ausgegangene Mission war nicht ohne Frucht, aber „die Frucht blieb nicht.“ Anfangs zwar schien das Werk zu gedeihen. Um Pfingsten 1848 durfte Crämer bereits das neunzehnte Heidenkind taufen. Mit großer Aufopferung widmeten er und seine Frau sich der leiblichen und geistlichen Pflege der Indianerkinder. Als ihm allmählich die Last seines Doppelberufes zu schwer wurde, verlangte und erhielt er einen Helfer an dem nachmals durch seine Wirksamkeit in Ostindien bekannt gewordenen Missionar Baierlein. Derselbe traf im Frühjahr 1847 in Michigan ein. Er baute sich ein Blockhaus zu Frankenmut und nahm die Indianerknaben zu sich, richtete auch mit Hilfe eines Dolmetschers einen indianischen Gottesdienst ein. Doch sah er bald ein, daß es zu einer gedeihlichen Wirksamkeit unter den Indianern notwendig sei, daß er seinen Aufenthalt in ihrer Mitte nehme. Die Gelegenheit fügte sich. Der Häuptling Bemassiké traf zum Besuch in Frankenmut ein. Missionar Baierlein verkehrte

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 49. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/54&oldid=- (Version vom 1.8.2018)