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lang eine herbe Hungerkur durchzumachen, wenn sie neben dem Jagdvergnügen ein wenig mehr Fleiß auf den Landbau verwenden wollten. Die Männer sahen das ein, gingen alsbald an das Klären des Landes und hatten im nächsten Jahr fast den doppelten Ertrag ihrer bisherigen Ernten.

 Bald darauf wagte der Missionar einen zweiten Schritt. Er suchte die Indianer zur Errichtung von Blockhäusern zu bewegen, die ihnen doch einen viel menschenwürdigeren Aufenthalt bieten könnten als ihre niedrigen, verrauchten Rindenhütten. Um ihnen Mut zu machen, versprach er, demjenigen, der das erste Blockhaus bauen würde, die Fenster und sämtliche Nägel zur Annagelung der Schindeln zu schenken. Doch die Neuerung erschien zu groß, bis endlich nach mehreren Wochen ein Weib, die verwitwete Tochter des Häuptlings, den Mut zu dem kühnen Vorgang fand. Bald stand das Blockhaus, ca. 15 Fuß breit und 20 Fuß lang, fertig. Alle kamen es zu bewundern als etwas noch nicht Dagewesenes. Als nun vollends der leere Raum mit einem Tisch, zwei alten Stühlen, zwei Bänken und einer Bettstatt möbliert wurde, da war die Freude vollkommen. Nun hielten es aber auch die Bewohner der Rindenhütten nicht mehr länger aus, sie griffen zu den Äxten, fällten die nötigen Baumstämme und es entstand ein allgemeiner Wetteifer zu bauen. Bald erhob sich eine Reihe von Blockhäusern, wodurch der Ort (von Missionar Baierlein „Bethanien“ genannt) ein ganz anderes Aussehen bekam.

 Bald hatte der Missionar mit seinen Indianern sich innig zusammengelebt und durfte manch rührenden Beweis ihrer Anhänglichkeit erfahren. Als im ersten Winter seines Aufenthalts in Bethanien die Kommunikation mit der civilisierten Welt unterbrochen und im Hause des Missionars, der sich auf diese völlige Abgeschlossenheit nicht gefaßt gemacht hatte, der kleine Vorrat an Lebensmitteln erschöpft war: da sah er sich samt seinem Weibe und

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 53. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/58&oldid=- (Version vom 1.8.2018)