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Seite:Wochenstube.djvu/31

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Knoke & Dressler: Die Wochenstube

mit dünnem Leinen überzogen, 3 bis 4fach um das Kind gewickelt, daß keine Luft an das Kind gelangen kann. Als Kopfkissen dient ein kleines Roßhaarkissen und als Anzug sollen von den Kindern leichte, weiche und sehr lange Tragkleider benutzt werden. Diese Art, die Kleinen zu bekleiden, ist z. B. in England die einzig gebräuchliche.

Als Bett dient am zweckmäßigsten die kleine eiserne Bettstelle mit Netzvorrichtungen, die in jeder Beziehung als praktisch zu empfehlen ist. Diese Empfehlungen beruhen nicht auf theoretischen Erwägungen, sondern sie haben sich in der Praxis vollkommen bewährt; es sind keine spartanischen Erziehungsexperimente, die da gepredigt werden sollen, sondern rationelle Rathschläge, bei denen unsere Kleinen trefflich gedeihen. Behandelt nur so Eure Kinder, Ihr Mütter, und Ihr werdet Euch über das blühende und gesunde Aussehen Eurer Kinder erfreuen und sobald man das alte Vorurtheil, mit dem man die Kinder meist verweichelt, überwunden, den Widerstand ängstlicher Mütter und Ziehfrauen gebrochen hat, dann wird man die Früchte einer vernünftigen körperlichen Erziehung sicher einernten und der Grund gelegt zu einer hoffentlich nicht so nervösen Generation, wie die jetzt bestehende.

Zuletzt, noch ehe zur Ernährung übergegangen wird, muß noch eine große Unsitte erwähnt werden, die darin besteht, unruhige Kinder Nachts zu sich in's Bett zu nehmen. Hat man es einmal gethan, so ist die Mutter Sklave des Kindes geworden; jede Nacht wiederholt sich dieselbe Scene. Wie unruhig und beängstend aber der Schlaf einer Mutter ist, die bei der geringsten Bewegung des Kindes sofort erwacht und aus dem Schlafe erschrickt, wie sehr die Nerven der Mutter leiden und wie sehr ihre Gesundheit darunter leidet, liegt auf der Hand. Schreit ein Kind des Nachts, so sieht man nach, ob es naß liegt, ist es der Fall, so legt man es trocken; hat das Kind vielleicht am Tage keine Ausleerung gehabt, so gebe man ein Klystier; ist dies auch nicht der Fall und hat das Kind auch noch vor 10 Uhr Nachts das letzte Mal Nahrung reichlich bekommen, so lasse man es ruhig schreien, natürlich vorausgesetzt, daß keine Krankheit vorliegt, daß kein Fieber da ist, daß man absolut keinen Grund zum Schreien finden kann, denn es giebt Kinder, die sich angewöhnen, Nachts munter zu werden und ihre Stimme ertönen zu lassen. Wenn man aber consequent ist und nicht auf das Schreien weiter reagirt, so gewöhnt sich das Kind das Schreien nach ein paar Nächten wieder ab und die gewünschte Ruhe ist da. Kinder, und wenn sie noch so klein sind, lassen sich immer leicht verwöhnen, aber eben so leicht erziehen, man muß nur consequent sein. Vielfache Erfahrungen bestätigen diese Ansicht des Verfassers.

Nun zum 2. Capitel, zur Ernährung.

Zu den edelsten Mutterpflichten gehört das Selbststillen des neugeborenen Kindes. Leider aber werden die Mütter immer seltener, die

Empfohlene Zitierweise:
Knoke & Dressler: Die Wochenstube. eigen, Dresden 1885?, Seite 31. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wochenstube.djvu/31&oldid=- (Version vom 2.8.2023)