Seite:Zapolska Käthe.djvu/059

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Sollte es so bleiben ihr Lebenlang? Sollte sie niemals frei aufatmen dürfen und Ruhe finden? Hat jeder Mann das Recht, sie zu überfallen, nur deshalb, weil sie eine arme Magd ist, die über die Straße im bloßen Kopfe gehen muß?

Felix, der keine Tränen erwartet hatte zum Schluß seines glänzenden Anerbietens, verstummte vor Verlegenheit und erhob sich von der Truhe. Sein tief verletzter Stolz gebot ihm, sich schleunigst zu entfernen. Deshalb ergriff er in schlecht verhehltem Grolle den unter den Tisch geworfenen Hut und rief in befehlendem Tone: „Der Schlüssel wird im Hausflur abgegeben!“

Dann rannte er hinaus und warf die Tür hinter sich zu, daß alles krachte.

Käthe wandte sich nicht einmal um nach ihm, sondern schluchzte nur weiter und lehnte die Stirn an die Wand. Diese Tränen erst brachten ihr Trost und etwas Ruhe. Dann trug sie ihre sieben Sachen und ihr in ein weißes Laken gehülltes Bettzeug in eine Droschke.


Vor der Haustür ihrer neuen Stelle sah sich Käthe vergeblich nach Johann, ihrem neuen Bekannten, um. Wahrscheinlich war er in die Stadt gegangen, denn er war nirgends zu sehen.

Weshalb seine Abwesenheit sie so peinlich berührte, konnte sie sich selbst nicht erklären.

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Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 59. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/059&oldid=- (Version vom 1.8.2018)