Seite:Zapolska Käthe.djvu/083

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darüber war, daß er „schon eine halbe Stunde gewartet“? Sie nannte ihn du und ihr Gesicht verklärte sich vor Glück, als er ihre Hand berührte…

Ihr Bruder konnte es doch nicht sein, sonst wäre er zu ihr ins Haus gekommen und nicht bei Nacht und Nebel mit ihr zum Tore hinausgefahren. Also konnte er nur ihr Geliebter sein! Käthe wurde es trotz der kühlen Nacht siedend heiß in allen Gliedern.

Ganz allein miteinander fuhren sie, wer weiß wie weit davon in dem verdeckten Wagen durch die dunklen Gäßchen der Vorstadt. Mit seltsamer Ausdauer mußte Käthe immer wieder daran denken. Und sie hatte der Herrin zu diesem Stelldichein verholfen und sie dorthin begleitet, bis an den Wagenschlag. Das war schlimm, sehr schlimm! Das ist eine schwere Sünde, wenn eine Ehefrau einen Geliebten hat! Und ein Teil der Schuld fiel auf sie, das wußte sie nur zu gut!

Traurig und schweren Herzens wankte sie durch die Straßen, sodaß sie wiederholt an Vorübergehende anstieß.

Und was wurde aus der alten Mutter, der armen Kranken? Mein Gott! Ihr war es, als höre sie im Rasseln der dahinrollenden Droschke das Ächzen der von der schlaflosen Nacht zermarterten Gelähmten.

Wüßte sie deren Wohnung, eilte sie dorthin, um nachzusehen, ob sie ihr nicht etwas nutzen könne. So aber wußte sie nur, sie wohne in der Berlinerstraße.

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Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 83. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/083&oldid=- (Version vom 1.8.2018)