und lehnte sich an die Wand, um noch einmal die Vorgänge des ganzen Tages sich vor Augen zu führen. Ach! daß sie doch immer solches Unglück haben mußte.
Erst wurde sie beschimpft von Rosa… Dann schlich sie in die Kirche und saß dort bis zum späten Abend, und endlich überfiel sie irgend ein Soldat!… Und dies mußte durchaus Johann mit ansehen!
Jetzt mochte er vielleicht denken, jener sei ihr früherer Liebster, oder, was noch schlimmer, sie selbst habe denselben hinter die Haustür gelockt.
Und nicht einmal erklären konnte sie ihm dies alles. Denn er hatte sich vor ihr in sein Stübchen geflüchtet.
Unmöglich durfte sie ihm dorthin folgen und hätte ihm doch so gern ihren Dank ausgesprochen und ihn um Verzeihung gebeten, wegen der Ungelegenheiten, die er ihretwegen gehabt.
Das war doch sehr schön von ihm, daß er den Kanonier so abfertigte! Zwar zerschlug ihm dieser die Nase; immerhin aber war es gut, daß es dabei verblieb. Denn es hätte noch weit schlimmer werden können…
Was also war zu tun?
Vielleicht fände sich morgen, wenn sie nach Holz oder Semmeln hinunterging, die Gelegenheit für sie, das Versäumte nachzuholen!
Endlich stieg sie langsam die Treppe empor. Dieser Sonntag war ihr doch gänzlich mißlungen.
Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 158. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/158&oldid=- (Version vom 1.8.2018)