„In die Kirche? Wozu?“ scherzte Johann in seiner Weise. „Das ist gut für kleine Kinder; dazu bin ich schon zu klug!“
Dabei schob er den Hut auf das Ohr und sah ironisch nach der Statue des St. Onufry, der in einer Nische an der Kirchentür auf den Knieen lag.
Käthe wurde ganz verwirrt im Kopfe, folgte aber trotzdem Johann langsam in der Richtung nach dem Konzertgarten, aus dem muntre Walzerklänge herausschallten. Dort ging es gewiß weit lustiger zu, als in der düsteren, traurigen Kirche, nur daß…
Nicht ohne Gewissensbisse betrat sie den Garten. Johann aber saß schon an einem Tischchen und rief ihr zu, sie möge sich beeilen und auch Platz nehmen.
In der Tat war es schon sehr voll und überall drängten sich scharenweise die Menschen. Nur durch Johanns Gewandtheit erhielten sie noch Plätze an einem Tischchen dicht vor der Bühne.
Sofort bestellte Johann bei dem ziemlich schmutzigen Kellner: „Zwei Butterbrote mit Schinken und zwei Glas Bier.“
Käthe sah inzwischen sich um, als suche sie nach irgend einem bekannten Gesicht. Plötzlich bemerkte sie unweit an einem anderen Tischchen Mary, die soeben mit einem feinen Herrchen Brüderschaft trank.
Käthe freute sich nicht wenig, daß Mary sie endlich in Johanns Gesellschaft sah. Wenn sie nur nicht von ihr ausgelacht und „Mehlsack“ genannt wurde vor all den Leuten! Das wäre doch höchst unangenehm!
Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 215. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/215&oldid=- (Version vom 1.8.2018)