daß Mary eine scharfe Zunge habe und, Gott weiß, was für Klatschereien unter die Leute bringen würde.
Auch Johann wurde öfters schon ungehalten, wenn Mary ihm in den Weg trat. Jetzt liebte er sie nicht mehr und sah nur mit Widerwillen ihr Stumpfnäschen vor sich und ihre boshaften Augen.
Schon hatte er sich so an Käthes sanften Blick gewöhnt, daß ihm Mary geradezu häßlich und schlecht erschien. Dabei dachte er an ihren leichten Sinn und ihre flache, törichte Liebe, in welcher Ohrgehänge, Ring und Kreuz von Gold die Hauptrolle spielten.
Am liebsten nähme er jetzt ihr all dies Geschmeide wieder ab; er bereute es nicht wenig, daß er ihr so auf den Leim ging. Denn sie verstand es gründlich, ihn „auszuziehn“.
Warum verlangte Käthe niemals so etwas von ihm? Mit Freuden kaufte er ihr das Schönste und Beste, wenn sie sich nur besänne und ihn nicht immer so zurückstieße! Dies lohnte sich wenigstens, aber diese Mary!…
Eines Nachmittags bemerkte Johann, daß Käthe mit ihrer wöchentlichen Wäsche fertig war und bald auf den Boden gehen müsse, um sie dort aufzuhängen.
Als er gegen fünf Uhr hinaufging unter dem Vorwande, nach dem beschädigten Dache zu sehen, traf er wirklich Käthe, die soeben einen großen Korb nasser Wäsche auf die Erde stellte und mit den roten, noch feuchten Händen die Waschleine an den schrägstehenden Balken befestigte.
Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 230. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/230&oldid=- (Version vom 1.8.2018)