Er aber maß sie mit seltsamen Blicken. Dies Mädchen gefiel ihm. In seiner Verachtung der Weiber liebte er die Veränderung…
Ein Mädchen aus dem Volke ist eine so leichte Beute, nach der man nur die Hand auszustrecken braucht, wenn sie sich nicht von selber nähert, schon beglückt über den Vorzug, der ihr zuteil wird…
Und im matten Laternenlicht vergegenwärtigte er sich all ihre Reize… Fürwahr! Dies Mädchen wäre keine üble Abwechslung unter all den anderen… Weshalb sollte er sich nicht mit ihr einlassen, wenn auch sie, wie er sicher annahm, mit Freuden einwilligte? Und ohne weiteres kniff er sie in die Wangen und gab ihr dadurch zu verstehen, was er wünsche.
Ganz verwirrt über diese Wendung, stand sie ein Weilchen da, wie angewurzelt. Wie? Auch dieser?…
Er, der ihre schöne Herrin liebte, wollte mit deren Magd anbinden?… Was steckte diesen Männern unter der Haut, daß sie jedes Weib anfallen, welches sie zum erstenmal sehen in ihrem Leben?…
Käthe fand hierauf keine Antwort…
Er jedoch wurde immer dringender, da er ihr Schweigen für Schwanken und Überlegen hielt. Wußte er doch aus Erfahrung, daß die Tugend unter den Mägden nicht blüht und daß fast jede nur zu gern sich überreden läßt.
Julia brauchte er durchaus nicht zu fürchten. Und ebenso wußte er, daß die Mägde nicht selten mit ihren Herrinnen den Gegenstand ihrer Liebe teilen,
Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 241. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/241&oldid=- (Version vom 1.8.2018)