Stempel ehrlicher Dummheit auf der Stirn trug. Weshalb tadelte gerade sie heute nicht mehr diesen versuchten Diebstahl bei ihrer früheren Brotherrin, den sie früher so ernst gerügt? Sollte sie selbst…?…
Käthe aber unterbrach all ihre Vermutungen. Mit ihrem gesunden Menschenverstande durchschaute sie die ganze Sachlage: „Also darfst du jetzt nicht mehr auf die Straße gehen!“
Allerdings, daran dachte Rosa auch nicht im Entferntesten. Nach dem unglücklichen Angriff auf die Kasse der dicken Milchwirtin war sie schnurstracks zu Käthe geflohen, mit dem ihr selbst unerklärlichen Instinkte des Selbsterhaltungstriebes.
Ihr war, als könne dies große, kräftige Mädchen sie vor allen „Polizisten“ der Welt schützen.
Jetzt jedoch begriff sie ihre ganze Lage und in ihren Ohren klang es ihr fortwährend als unabänderliche Drohung: „Du wirst im Zuchthause verfaulen!“
Was sollte sie jetzt tun? Hinausgehen und sich damit der Polizei in die Hände geben? Nimmermehr! Lieber wollte sie sich mit Petroleum begießen und sich selbst verbrennen. So versicherte sie wenigstens unter verzweifeltem Schluchzen.
Käthe jedoch nahm ihre ganze Tatkraft zusammen, um die eigenen Sorgen zu vergessen und einzig und allein an ein sicheres Versteck der Freundin zu denken.
Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 297. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/297&oldid=- (Version vom 1.8.2018)