Vormittags ging Johann regelmäßig in die Schenke und saß dort eine ganze Stunde und ebenso jeden Abend.
In der Schenke gab es nicht einmal eine Kellnerin. Nur die Wirtin selbst stand am Schenktisch und da sie weder jung noch hübsch war, konnte sie nicht annehmen, daß Johann sich mit ihr einließ.
Abgesehen von jenen beiden Stunden blieb Johann immer zu Hause, um die Straße und den Hof zu fegen oder das Dach auf dem Boden auszubessern, wo immer Wäsche aufgehängt wurde.
Anfangs befürchtete Käthe immer, die Dachdecker könnten Rosa in ihrem Versteck entdecken. Johann aber übernahm seitdem bereitwillig allein die übrigens nur unbedeutenden Ausbesserungen.
Käthe war ihm für diese treue Fürsorge für die Sicherheit der Freundin herzlich dankbar.
Und seitdem machte sich Johann um so häufiger auf dem Boden zu schaffen, gewiß nur mit dem – Ausbessern des Daches…
Käthe aber zerbrach sich immer mehr den Kopf, da sie nirgends ihre Nebenbuhlerin zu entdecken vermochte, von deren Vorhandensein sie doch so fest überzeugt war. –
Frauen besitzen in solcher Lage einen merkwürdigen Instinkt, der sie warnt, wie eine innere Stimme und der sie niemals täuscht.
Da sie außerhalb nichts entdecken konnte, wandte Käthe ihre Aufmerksamkeit auf das Innere des Hauses. Nichts aber vermochte sie auf die richtige Spur zu führen.
Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 328. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/328&oldid=- (Version vom 1.8.2018)