fast in die Erde gesunkenen Häusern, deren Fenster jedoch alle hell erleuchtet waren. Zerlumpte Kerle durchstrichen gruppenweis diese Gäßchen, um in die Fenster zu gaffen, aus denen rohes Gelächter und schrille Fiedelklänge erschallten.
Dem Vorhofe der Hölle glich diese Anhäufung von Verbrecherhöhlen und Spelunken, deren weitgeöffnete Türen zum Eintritt einluden.
Ab und zu drang aus dem Innern ein markerschütternder Schrei oder ein Knäuel sich prügelnder Männer und Weiber wälzte sich plötzlich heraus und erfüllte die Luft mit Flüchen und Schimpfworten. Dieser ganze Menschenknäuel zerschlug sich die Köpfe auf den spitzen Steinen und rötete mit seinem Blute das holprige Pflaster. Dann verschwand er wieder in der Tür und bald darauf schrillte aufs neue die Fiedel.
Nur die Blutflecken blieben als Spuren des soeben beendeten Kampfes.
So flink durcheilte Käthe ein solches Gäßchen, als sei eine übermenschliche Willenskraft in ihr erwacht. Auch die übrigen Schlupfwinkel der Trunksucht und des Lasters ließ sie bald hinter sich und gelangte in einen anderen Stadtteil.
Die Dunkelheit der Nacht verhüllte ihre auffallende Erscheinung, sodaß die Vorübergehenden nicht mehr den Kopf nach ihr umdrehten. Auch schlich sie möglichst dicht an den Häusern hin, so sehr hatte sie sich schon daran gewöhnt, sich vor den Blicken der Leute zu verbergen. Endlich erreichte sie die
Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 362. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/362&oldid=- (Version vom 1.8.2018)