Seite:Zapolska Käthe.djvu/466

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Ihrer Brust aber entrang sich ein heiserer Laut, das Röcheln eines Sterbenden. Auf ihr Antlitz fiel es wie ein Schleier, wie ein grauer Flor, der ihre Züge verlängerte und Kinn und Nase verschärfte. Immer mehr fielen die welken Wangen ein und bildeten rechts und links tiefe Gruben. Das Haar sogar verlor allen Glanz und wurde immer fahler und die Augen verglasten, wie mit Emaille überzogen.

So schien alles an ihr zu ersterben, immer grauer und bleicher zu werden, als verwandle sie sich in eine Eisscholle, die weder Gutes, noch Böses mehr tun kann.

Wie vereist auch reckten sich die Beine, so kalt und starr, samt den ausgestreckten Füßen.

Nur die Arme, so welk und dünn, wie die eines Gerippes, bewegten sich noch ein Weilchen in der Luft. Dann sanken sie auf das Bett herab, dicht an den Körper, als bereiteten sie sich dazu vor, im Sarge zu liegen.

Käthe lag im Verscheiden…

Keine Menschenseele befand sich in dem öden, dunklen Saale. Sie allein lebte noch dort, wenn dies noch leben zu nennen war.

Manchmal noch trat im Lampenschein ein schwarzes Holzkreuz an der Wand hervor.

Käthe aber sah es nicht und sah überhaupt nichts mehr. Nur ihre Lippen regten sich noch einmal und leise, kaum hörbar, flüsterten sie: „Johann! Johann!“…

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Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 466. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/466&oldid=- (Version vom 1.8.2018)