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Dschelanaschtsch genannt; es liegt im Westen d. h. an der Biegung des Tschilik reichlich 5000 Fuß hoch, in seinem östlichen Theile, namentlich jenseit der Vereinigung des Karkara und Kegen, 5300 F., und im N. oder vielmehr NW. am Fuße des Turaigyr 4570 Fuß. Diese Hochebene nun ist geologisch und topographisch sehr merkwürdig. Offenbar war sie ursprünglich ein tiefes, zwischen den Parallelketten eingesenktes Kesselthal, welches allmählich durch jüngere Niederschläge, bestehend aus Sand und Lehm nebst zahllosen Steinen ausgefüllt wurde. Das Alles bildet nun eine Art schwach cementirten Conglomerats, welches so leicht zerfällt und verwittert, daß die drei Flüßchen Merke, welche dieses Hochplateau durchrinnen, sowie ferner der Karkara und Kegen bei ihrer Vereinigung, endlich der aus letzterer gebildete Tscharyn sich tiefe Betten in dasselbe gegraben haben. Die Thäler dieser Flüsse sind in das Hauptplateau bis in eine Tiefe von 700–800 Fuß eingeschnitten und gehen mit ihrer Sohle durch das Angeschwemmte hindurch bis zum festen Gestein, welches an der zweiten Merke aus Bergkalk mit seinen Versteinerungen besteht. Dies furchtbar zerschnittene Terrain ist das Haupthinderniß auf dem sonst besten Wege, der von Wärnoje zum Issyk-Kul geht und über den Sseirek-Tas, den Turaigyr, die drei Merke und den sehr bequemen Paß der Südkette Ssan-Tasch führt. Zur Erklärung jener colossalen Ablagerungen nimmt Ssemenof an, daß der Kessel einst geschlossen war, und viele Bergströme Steine, Geröll und abgespülte Erdschollen in ihn schütteten, bis der Kessel mehr und mehr sich füllte, das Niveau des Sees, der sich in ihm gebildet hatte, stieg und endlich die Gewässer einen gewaltsamen Durchbruch nach Norden suchten, wohin noch jetzt der Tschilik und der Tscharyn abfließen. Seitdem mußten sich die drei Gebirgsbäche Merke in dem ebenen Hochplateau, dessen Bestandtheile der Kraft eines raschen Bergstromes wenig Widerstand entgegensetzen konnten, ihre tiefen Betten eingraben, die endlich bis auf das feste Berggestein hinabgelegt wurden. Die vereinigten Flüsse durchwühlten dann auch die harte Felsbank, die unter dem losen Conglomeratgebilde am Boden des Tscharyn-Thales verborgen liegt, und es entstanden so in der tiefen Schlucht bei der Mündung der Flüsse Merke in den Tscharyn die prächtigen und malerischen Wasserfälle des letzteren, welche unter dem Namen Ak-Togoi bekannt sind, „der weiße Strom“, weil das ganze Wasser des Tscharyn sich hier in silberglänzenden Schaum und Wasserstaub auflöst.

Die Südkette ist der nördlichen in ihrem Bau ähnlich, nur scheint sie im mittleren Theile niedriger als diese zu sein, fällt dafür aber allmählicher auf ihren Flügeln ab, ihre Pässe sind ferner in dem

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Verschiedene: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Vierter Band. Dietrich Reimer, Berlin 1869, Seite 216. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_IV.djvu/232&oldid=- (Version vom 1.8.2018)