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Max Horkheimer (Hrsg.): Zeitschrift für Sozialforschung, 4. Jg 1935, Heft 1


der Massen in einigem Masse erhalten bliebe, womit dann auch dasjenige Kapital zufrieden sein dürfte, das wesentlich die Herstellung von Konsumtionsmitteln sich angelegen sein lässt.

Ich nehme den Gedanken der Einleitung wieder auf. Schon das deutsche Arbeitslosenversicherungsgesetz kannte "Notstandsarbeiten" mit der Pflicht der Arbeitslosen zur Leistung bestimmter öffentlicher Arbeiten in bestimmten Grenzen. Die mit der Wirtschaftskrise wachsenden Schwierigkeiten, den Versicherungsschutz gegen Arbeitslosigkeit zu gewähren, haben seit 1930 von Notverordnung zu Notverordnung und zu einem weiteren Ausbau des Systems der Notstandsarbeiten geführt. Sehr früh wurden in dies System die aus dem Armenrecht stammenden Fürsorgearbeiten aufgenommen. Wichtiger ist, dass in eben diesem Zusammenhange, der schon äusserlich in der erwähnten Gesetzgebung (Notverordnung vom 5. 6. 1931) sich bekundet, der sogen. "freiwillige " Arbeitsdienst auftaucht, der schon vor der Erweiterung zur Arbeitsdienstpflicht in dieser Form von jenen Kreisen gefordert wurde, die wir als die alten Gegner des Liberalismus in dem eingangs verstandenen Sinne zusammenbegreifen. Im Laufe seiner Ausgestaltung ist der Arbeitsdienst auch in Deutschland, als Forderung wie als Tatsache, zur Arbeitsdienstpflicht geworden, die wirklich nichts mehr von einem Ursprung aus dem Recht auf Arbeit, aus einem ihm entsprechenden gemeinschaftlichen Pflichtbegriff und aus seiner Reflexwirkung, der Versicherung gegen Arbeitslosigkeit, erkennen lässt oder an sich trägt.

Wir können mithin auch an diesem besonderen Falle beobachten, dass der Inhalt des Rechts auf Arbeit von der allgemein, wenn auch vorübergehend rücklaufigen Bewegung des sozialen und politischen Lebens, als welche wir die absolute Verneinung und Bekämpfung des Liberalismus, seiner Forderungen und seines Gedankengutes, verstehen, erfasst, verändert, ja ins Gegenteil verkehrt wird. Das Recht auf Arbeit ist gewissermassen ein vorgeschobener Posten gewesen, den die einsetzende Gegenströmung zuerst hinwegspült.

The right to work

Discussing the new book of Bosse, the author studies the significance and foundation of the so-called "right to work". In contradiction to Bosse's ideas, the significance of the "right to work" seems to the author to be essentially a matter of social legislation, and he thinks that the first step in its realization would have to be a further development of the system of social insurance. According to T., the "right to work" is one of the most advanced ideas in social legislation, an idea that was brushed aside immediately after the counter-currents of today asserted themselves.

Empfohlene Zitierweise:
Max Horkheimer (Hrsg.): Zeitschrift für Sozialforschung, 4. Jg 1935, Heft 1. Librairie Felix Alcan, Paris 1935, Seite 79. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_f%C3%BCr_Sozialforschung_-_Jahrgang_4_-_Heft_1.pdf/81&oldid=- (Version vom 28.10.2022)