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Unter Berufung auf die Glosse des Johannes Andreä, aber ohne sich an seine Formulierung anzuschließen, behandelt die Landrechtsglosse des Sachsenspiegels die Lehre von der Obmannschaft des Königs von Böhmen. Wegen der Ungewißheit über die ursprüngliche Fassung der Buchschen Glosse, die wahrscheinlich um das Jahr 1330 verfaßt wurde, und wegen der völligen Unzulänglichkeit der Homeyerschen Glossenauszüge lasse ich hier zwei verschiedene Fassungen der fraglichen Glosse nach Berliner Handschriften folgen[1], von denen die eine dem Kölner Druck von 1480, der nach Homeyer, 2. Aufl. S. 54, die Buchsche Glosse in nahezu reiner Gestalt enthält, ziemlich nahe steht, während die andere wohl kaum ursprünglich sein dürfte, jedoch ihrer Eigenart wegen besondere Beachtung verdient.

A. Ms. Berol. Germ. fol. 284, f. 202. „Dy koningh van Behemen hebbet neyne kor, dar umme dat he undudisch was“ Aver he het nuo kore, dar umme dat he dudisch is. Wen war eyn ding vorgeyt, dar eyn sake van kompt, so vorgeit dy sake met, dar id van quam. ff De re. jur. l. Cum pril. (Dig. 50, 17, 178) et C. De leg. et const., l. Non dubium (Cod. 1, 14, 5). Segge, he hebbe dar umme neynen kor, wan dy korvorsten over eyn dragen. Koren aver dri up eyne syde und dri up dy ander syde, so muste he under den twen koren eynen kysen , ut in glo. Jo. An. Extra De sen. et re jud. c. Ad aplice super v. illi. (Die Worte koren aver dri sind von anderer ungefähr gleichzeitiger Hand gestrichen und statt ihrer ist am Rande mit hellerer Tinte notiert: sunder he is eyn middelman, alse wan dri korforsten.)

B. Ms. Berol. Germ. fol. 11, f. 225 „Dy konung van Bemen, desse' konung het neynen kor, dorch dat he nicht dudesch en is.“ Wen he nu dudesch is geworden, het he nu den kor? Segge neyn! Wen he is eyn myddelman. Also wen dry up eynen kisen unde dry up den anderen kysen twyerleie lude, so mut he dar under eynen kisen, ut De re iudicata ad aplice in glo. super v. illi.

Die erste der beiden Fassungen scheint in sich widerspruchsvoll zu sein. Erst wird das Kurrecht des Königs von Böhmen schlechtweg anerkannt, weil der Grund, aus dem ihn der Sachsenspiegel ausgeschlossen habe, fortgefallen sei, und zwar geschieht das unter Berufung auf einen Satz der Digesten. Dann aber wird das Kurrecht gleich wieder auf eine Obmannschaft beschränkt. Die zweite Fassung dagegen ist durchaus in sich geschlossen. Auch jetzt habe der Böhme keine Kur, obwohl er deutsch sei; Vielmehr sei er ein Mittelmann. Beide Fassungen aber stimmen darin überein, daß sie die Geltung des Majoritätsprinzips voraussetzen, wie das die Betonung der Stimmengleichheit zeigt. Auch darin stimmen beide gegen ihre Vorlage überein, daß sie von der Berufung nicht sprechen.

Nicht viel jünger als die Buchsche Glosse ist eine Notiz Johanns von Viktring, der seine Chronik bis 1341 fortführte und bei der Erwähnung des

Nürnberger Reichstages von 1298 bemerkt: Rex Bohemie non elector


  1. Die Sachsenspiegelhandschriften der Königlichen Bibliothek hat Herr Dr. Salomon für mich durchgesehen und exzerpiert.
Empfohlene Zitierweise:
Karl Zeumer: Die Goldene Bulle Kaiser Karls IV. (Teil 1). Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger, 1908, Seite 246. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeumer_Die_Goldene_Bulle.pdf/264&oldid=- (Version vom 1.8.2018)