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ließ. – Hier im Hotel sollte Schmiedicke überfallen, geknebelt und beraubt werden, – nicht ermordet, denn darauf hätten sich Klein und Zahn nie eingelassen. – Sie selbst, Bremer, wohnten Preßburger Straße 5 bei der Klementine Müller. Alles schien gut zu gehen, als Klein die Reue packte. Seine Braut hatte ihm gedroht, ihn aufzugeben, falls er irgend etwas Unrechtes beginge. Auch Zahn wurde schwankend, und auch er erklärte Ihnen dann, daß er sich nicht weiter beteiligen würde. Die Reuperts wollten also unverrichteter Sache das Hotel wieder verlassen. – Da – handelten Sie allein, Bremer. Am 3. kam Schmiedicke zu Ihnen mit einer Anweisung. Sie schickten ihn jedoch erst eine Treppe höher zu der Regierungsrätin; Sie seien noch nicht angezogen, werden Sie vorgeschützt haben. Schmiedicke zahlte also erst oben das Geld aus. Auf diese Weise riefen Sie den Eindruck hervor, er wäre vorher schon bei Ihnen auf seinem Bestellgang gewesen, und tatsächlich hat sich dann zunächst auch niemand um Sie gekümmert; keine Spur von Verdacht fiel auf Sie. – Schmiedicke kam also wieder zu Ihnen herunter. Sie erdrosselten ihn, packten die Leiche in den vorher besorgten Musterkoffer, legten die Ledertasche hinein und auch einen Teil der Beute – den Sündenlohn für Klein und Zahn. Der Dienstmann brachte den Koffer, auf dem Sie eine Signatur übermalt hatten, nach dem Hotel zu den Reuperts, auch den Schlüssel. Die „Reuperts“ ahnten das Furchtbare, fanden auch die Leiche, schlossen den Koffer wieder ab und verließen völlig kopflos geworden das Hotel, trennten sich auf der Straße und haben sich nicht mehr seitdem gesehen. Zahn floh ins Ausland und hat von dort seinem Genossen Klein irgendwie Nachricht gegeben, daß er entkommen sei. – Klein aber wollte mit Ihnen abrechnen, traf Sie gerade vor dem Hause Preßburger Straße 5 und wurde dann von Ihnen doch schnell überzeugt, daß er als Mitbeteiligter am besten tue, zu schweigen und gleichfalls zu verschwinden. Als er Ihnen gegenüber erwähnte, daß er den „Sündenlohn“ in dem Koffer auf der Leiche hätte liegen lassen und daß er den Zimmerschlüssel von 47 bei sich trüge, tauchte in Ihnen ein besonderer Gedanke

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Walther Kabel: Zwei Taschentücher. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1920, Seite 124. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zwei_Taschent%C3%BCcher.pdf/125&oldid=- (Version vom 1.8.2018)