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er sich auf seine Verschwiegenheit jedermann gegenüber wohl verlassen könnte, meinte Schimmeck bedächtig: „Das können Sie. – Ich merke aus dieser Frage schon, daß Sie kein echter wandernder Musikant sind. Sind Sie etwa gar – Herr Harst? Der Graf sagte gestern zu mir, der Detektiv würde wahrscheinlich in einer Verkleidung herkommen.“

„Ich bin Harald Harst,“ erklärte der Komiker leise. „Nein – danke, – nicht ins Haus. Wir können uns auch hier unterhalten. – Woher weiß der Graf, daß ich in Szentowo auftauchen würde?“

Der Gemeindevorsteher erwiderte, Lippstedt wäre gerade bei ihm im Dienstzimmer gewesen, als Harst vorgestern telephonisch um Auskunft über die angeblichen Unfälle auf dem See gebeten hätte. „Er zeigte gleich ein großes Interesse für Sie, Herr Harst, fragte, ob Sie mich schon früher mal angerufen hätten, und kam dann gestern gegen Abend mit der neuesten Berliner Zeitung zu mir, las mir den Artikel über Sie vor und war sehr aufgebracht darüber, daß – „dieser Unsinn von dem See nun wieder aufgewärmt würde“, wie er sich ausdrückte. Ich soll ihm auch sofort melden, wenn Sie sich hier blicken lassen oder mich nochmals antelephonieren. Natürlich werde ich nun schweigen. Mein Versprechen halte ich. – Hm – Sie möchten wissen, weshalb der Graf es nicht gern sieht, daß über das Leuchten in unserem See gesprochen wird. Ja, das ist nun eigentlich eine merkwürdige Sache, Herr Harst. Bevor ich mich darüber auslasse, will ich noch bemerken, daß unser Graf früher – noch vor einem Jahr – ein sehr gemütlicher Herr war. Dann aber kam seine erste Frau, eine geborene Komtesse Hildegard Hersfeld, bei dem Eisenbahnunglück bei Köslin ums Leben und er heiratete schon nach vier Monaten die jetzige Gräfin Tilla, die bis dahin in Berlin Schauspielerin gewesen sein soll. Er muß sie wohl schon vordem gekannt haben. Seine erste Gattin war kränklich, und – er fuhr sehr viel nach Berlin. Im vorigen Sommer hielt die neue Gräfin nach einer Hochzeit, der von der Verwandtschaft nur der Neffe, ein Herr von Blenkner, beigewohnt hatte, hier ihren Einzug. Nun – sie hat es schnell fertiggebracht, sich und leider auch den ganz unter ihrem Pantoffel

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Walther Kabel: Zwei Taschentücher. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1920, Seite 66. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zwei_Taschent%C3%BCcher.pdf/67&oldid=- (Version vom 1.8.2018)