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Sendschreiben eines Seminaristen aus dem katholischen Schullehrer-Seminarium in Gmünd, an seinen Vater

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Joseph Epple
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Titel: Sendschreiben eines Seminaristen aus dem katholischen Schullehrer-Seminarium in Gmünd, an seinen Vater
Untertitel:
aus: Vermischte Gedichte.
S. 123–130
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1826
Verlag:
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Erscheinungsort: Gmünd, im Verlage bei J. G. F. Stief
Übersetzer:
Originaltitel:
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Originalherkunft:
Quelle: Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
Siehe auch Schwäbisch Gmünd
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[123]

Sendschreiben
eines Seminaristen aus dem katholischen
Schullehrer-Seminarium in Gmünd,
an seinen Vater.


Vater! Ihr hand ohnlängst g’schrieba
Daß ih ui sei schuldig blieba
     Z’schreiba – weagem Seminar?
     D’ Zeit zum Schreiba ischst halt rahr!

5
Doch, jezt will ih dFeader nehma

Und mih halt darzua bequema
     Z’ Brichta ui, wie’s hia aussieht,
     Was älz für goth – und was gschieht!

Will ganz forna no a fanga,

10
Wia d Sach uff a nand ischst ganga,

     Mit deam Haus – wia älles ischst,
     Rah, vom Dachstual, bis zum Mist:
Wißt, dear König hott’s befohla
Daß ma schneall hott baua solla

15
     Fetig ischst man au glei g’sei

     Und no fey’rlich zoga ei! –

[124] Komma ischst a Herr – a Edler –
Wisset scho, ear hoißt Herr Schedler?
     Dear hots Seminar eingweiht,

20
     Und a Red g’hätt – s war a Freud!

Druff hott dear Direkter g’leasa
Reacht schöa vom Schualmoister Weasa,
     Wie mas schöa no denka ka! –
     Hott viel Arbet älz, dear Mah! –

25
Lieder hand miar singa müaßa,

Und den Commisär heargrüaßa.
     Vater! do war’s freile schöa,
     Und viel Herra sind do g’wea.
Später ischst dear König komma

30
Hott dean Augaschei seal g’nomma. –

     Doch – jezt weiter in dear Sach,
     Daß ich bald a End d’ra mach!

s Haus sieht guat aus – s war a Kloster,
Wo viel tausend Paternoster

35
     d Franziskaner beathet hand;

     Was miar aber bleiba land;
Denn miar hand koi Zeit zum Beatha
Hättet miars au glei von Nötha;
     Arbet hand mair s ischst a Grauß,

40
     Wisset neana na und naus!


d Zimmer – Vater! sind it übel.
s Fehlt au nit an Wasserkübel,
     [125] Aber desto mehr an Bier;
     Wear koi Geald hott – kriegt kois hier.

45
Und vom Wei derfs oim it träuma;

s’ Wasser no im Glas soll schäuma.
     Wei?! – ums oige Geald glaubt’s miar
     Derf man se koin holla hier! –

Doch jezt weiter mit meim Klaga;

50
Denn – ich hau ui no viel z’saga

     Wia und was – und wenn und wo –
     Hand Geduld und horchet no!
Zua de Kloider hand miar Kästa,
Doch, dia sind just nit am Besta. –

55
     Wia im Schofstall sieht es aus

     Wo miar schlofet – s ischst a Graus!

Wött mih no mit dem begnüaga
Wenn ih no könnt ruhig liega
     Aber noi – do geits koi Ruah;

60
     s Goth wia bei de Hexa zua!

Dear thuat schnarcha – dear thuat nießa,
Jener blosa – dieser pisa.
     Goister glauba?? Des wär dumm;
     Aber d Mondsucht, dia goth h’rum!

65
Ganz früah müäßet miar aufsteha

Beatha – und an d Arbet geha.
     Zaist zum Hofer no zum Brau –
     Ruah thuat ma uns it viel lau.
[126] Do wut g’leasa – dott wutt g’schrieba,

70
Und aß s Schualfach schröklich trieba.

     Bachet! wenn ma nih stellt a
     Wut ma seahna was ich ka! –

Pädagogik lehrt dear Dreher,
Des ischst so a Steara Seher.

75
     Macht dear Brustkrampf koine Späß

     Wearet miar zua Sokrates.
Sacha lernet miar – o Wunder!
Vater! – uier Sach ischst Plunder –
     Wenn des G’lern a Zeit lang währt

80
     Sind miar alle überglehrt! –


Au fehlts nit am Musiziara;
Jeder ka se exerziara, –
     Instrumenta sind gnua do;
     Wenn ma wechslet langets scho.

85
Flügel – Clavier – Geiga – Flöta –

Leztre hand miar no von Nötha.
     Horn – Clar’nett – Fagot – sind rahr
     Dear Zeit no im Seminar! –

Und a Blinder dear muaßt’ stimma

90
d Clavier älle. – Aber nimma

     Derf er komma izt, der Mah;
     Denn miar müaßet selber d’ra.
Müaßet d Schraufa seall umdreha,
Seall no sotte Sache seha.

95
     [127] Könntet höra ihar wie’s thuat

     Kömmet währle in a Wuath!

A pro po! – Weil ihar hand g’schrieba:
Ob ihs fei au häb betrieba
     Daß ih a Stipendi fang –

100
     Sag ih ui – da wut miars bang.

Ih will ui no kurz berichta
Was ih schaffa müaßt und richta.
     Wois gwieß saget: – Lieber Soh
     Laß en ihr Stipende no!

105
Macha muaß ih grad en Gsella,

Sott ih a Stipende wölla.
     Muaß mih hudla pudla lau
     Spät na liega – früah auf stau!
Mit dear Gloka s Zoicha geaba,

110
d Faule uß em Bett h’raus heba,

     d Nachtgschirr leera, und dia Bett
     Sauber macha – schöa und nett.

No muaß ih in d Kircha läuta,
Därf dargega gar it streita.

115
     Ministrant muaß ih au sei,

     Und ih wois it was no mei.
Kircha, Gäng, und d’ Stuba kehra
Und de Kranke d Fluiga wehra,
     d Leibstühl leera mit Respekt,

120
     Puza was no ischst verdrekt. –


[128] Jo! an Arbet fehlt miars nimmer
So im Haus h’rum wia im Zimmer.
     Muaß aufwarta au bei Tisch
     Allweil munter sei und frisch.

125
Muaßs s Holzseaga – traga – spalta,

Aellethalba Ordneng halta.
     Sommerszeit im Garta au
     Aellerloi Verrichteng hau!

Kloider muaß ma sauber puza,

130
Hoor und Nägel fleißig stuza,

     Aufrecht laufa – schöa im Schritt,
     No koi Brilla leit ma nit.
s Raucha, des ischst au verbota;
Do gäb’s glei a bösa Nota!

135
     Und wenn miar spaziara gand,

     Unsre Hüather bei uns hand. –

Zwar ins Wirhtshaus derf ma laufa,
Aber jo koin Rausch it saufa.
     Währle! do seht’s übel aus;

140
     Glei dürft koiner meh heraus.

Mäßig muaß a jeder leaba
Achteng uff sel sealber geaba;
     Denn, ma passet dort und do,
     Goth oim ällethalba no!

145
Will ma Brief uff d Post he traga

Oder sonst no ebbas fraga;
     [129] Muaß ma Ausloßzoichner hau,
     Ohne dia därf koiner gau.
Thät ma oin sonst wo verwischa

150
Wur ma oim it schleacht auftischa:

     „Allo! marsch! in Carzer h’nei
     „Drei vier Stund!“ – Kannst zfrieda sei?

Kloidertracht wut anderst weara;
Us uns macht ma reachte Herra!

155
     No hoißt’s: Vater! guket a!

     Bin ih nit a reachter Ma? –
Bald, so sait ma, krieagt jedweder,
Hois ear Stoffel oder Peter
     Uniform. – Wia wut dia sei?

160
     Gwieß ganz b’sonders – bild miars ei!


G’sorgt ischst’s zwar au fürs Vergnüaga,
Damabretter theand miar kriega,
     Aber no koi Billiard,
     Koine Würfel und koi Kart.

165
Könnets s Früahjohr miar erwarta

Baut ma uns in unsern Garta,
     Au sogar a Kegelbah,
     No goth d Lustbarkeit erst a!

Von dear Kost do will ih schweiga;

170
Dia thuat sich spartanisch zeiga!

     Gäns und Wildprät – Krebs und Fisch
     Kommet it uff unsern Tisch.
[130] Aber Knödla als wie d Balla,
Machet Löcher loßt maß falla

175
     Wia Kanonakugel doch;

     Schmalhanns ischst bei uns dear Koch!

Doch, jezt haun ih satt am Schreiba,
s Uebrig will ih schuldig bleiba;
     s Hilft doch noiz – ih bin halt scho

180
     Zum Schualmoister-Elend do!

Freile, wenn ih älz thua kenna,
Kann ih z Leztes no verbrenna! –
     So, do handers! – Leabet wohl,
     Schiket Geald en Beutel voll! –

Anmerkungen (Wikisource)

1825 wurde das Katholische Schullehrerseminar im ehemaligen Franziskanerkloster in Schwäbisch Gmünd eröffnet. Zum genannten Lehrpersonal (Hofer, Braun, Dreher) vgl. M. Grimm 1867, S. 289.