Sevillaner Stickerinnen

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Autor: G. Diercks
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Titel: Sevillaner Stickerinnen
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 36, S. 605, 611–612
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1895
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[605]

Sevillaner Stickerinnen.
Gemälde von E. Gabelsberger.

[611] Sevillaner Stickerinnen. (Zu dem Bilde S. 605.) „Wer Sevilla nicht gesehen, hat ein Wunder nicht gesehen,“ sagt ein altes spanisches Sprichwort, und wenn dies auch nur für den Spanier, der so wenig von der Außenwelt kennt, seinem ganzen Inhalt nach als richtig gelten kann, so ist es doch nicht zweifelhaft, daß auch kein Ausländer, der sich noch Empfänglichkeit sür den Reiz eigenartiger landschaftlicher und kultureller Eindrücke bewahrt hat, sich dem Zauber entziehen kann, den Sevilla ausübt. Es bietet jedem etwas, das ihn anziehen muß. Der Geschichtskenner sieht sich überall an die große Rolle erinnert, die Sevilla im Laufe des zweitausendjährigen historischen Lebens von Spanien gespielt hat. Der strenge Gläubige, ob er Katholik oder Protestant sei, kann sich dem gewaltigen Eindruck nicht verschließen, welchen die Kathedrale auf jeden Besucher machen muß. Der Naturfreund, der Maler, der Musiker, der Dichter, der Tourist finden die größte Anregung. Wer aber könnte vollends unempfindlich bleiben bei dem Anblick der eingebornen Sevillanerinnen? Spanien ist reich an schönen Frauen und die Eigenart des Landes sowie die ungewöhnlich starke Völkermischung haben dazu beigetragen, eine außerordentliche Fülle verschiedenartiger Typen zu schaffen, die zum Teil sehr bedeutend voneinander abweichen. Die junge Sevillanerin wird von vielen als die erste Vertreterin spanischer Frauenschönheit betrachtet; jedenfalls vereinigt sie in sich viele der Reize, die man bei den Frauen anderer Provinzen nur vereinzelt vorfindet. Das Feuer der dunkeln Augen, der Ausdruck der überwiegend ernsten Gesichtszüge, die zierlichen Gestalten, die kleinen Hände, die natürliche Anmut der gemessenen Bewegungen bilden die Faktoren der Anziehungskraft der Sevillanerin. Sie bedarf keiner künstlichen Mittel, keiner kostbaren Stoffe und Schmucksachen, um ihre Reize zu heben. Eine Rose, eine Nelke, einige Tuberosen oder andere Blumen [612] sind die einzige und die schönste Zierde ihres schwarzen Haares. Ein Umschlagtuch, meist aus feinem Woll- oder Seidenstoff, mit langen Fransen versehen und schön gestickt, gehört gewissermaßen zur Kleidung und wird, wie wir es auf unserem Bilde sehen, selbst bei der Arbeit und im Hause nicht abgelegt. Daß es den Sevillanerinnen an Fleiß nicht fehlt, das sehen wir in der großen Cigarrenfabrik, in der 6000 Frauen beschäftigt sind, das sehen wir aber auch, wenn wir in die Häuser treten, und die Feinheit der berühmten Stickarbeiten beweist uns die Sorgfalt, mit der die Sevillanerin arbeiten kann – wenn sie will. Der Künstler zeigt uns auf seinem Bilde einige dieser Mädchen des Mittelstandes bei ihren Stickrahmen und in der Umgebung, welche, für den Fremden namentlich, auch so außerordentlich anziehend ist. Die in arabischem Stil verzierte Truhe, die mit den gemusterten maurischen Kacheln versehene Wand, das glaslose hölzerne Fenster erinnern hier an den Orient, an den mächtigen Einfluß der arabischen Kultur. G. Diercks.