Sonette I (Louise Otto)
1840.
O haltet mich mit Bitten nicht zurücke
Wenn ich im Sehnen nach der Freiheit Lichte
Zu hohen Zielen meine Blicke richte,
Von keinem Glück weiß als vom Völkerglücke.
Daß ich im Schaun prophetischer Gesichte
Dem Dienst der Zukunft freudig mich verpflichte,
Von keinem Glück weiß als vom Völkerglücke.
Ihr Glücklichen! Ihr mögt in Eurem Frieden
In Euren Kindern Streiter ihm erziehen.
Ich aber habe nichts ihm, nichts zu bieten
Als meiner Lieder kühnen Freiheitsbrand,
Das Einzige was mir mein Gott verliehen.
Die heilge Jungfrau einstens ist erschienen
Und sie vermocht ihr ewig treu zu dienen,
Ein zartes Weib im kriegrischen Gewande:
So trat zu mir befreit vom Erdenbande
Hat mich vermocht ihr ewig treu zu dienen,
Gab mir den Weihekuß zum Bundespfande.
So will auch ich die heilge Fahne schwingen
Und der Begeistrung Oriflamme tragen,
Die reine Magd kann jegliches vollbringen:
Der höchsten Kunst hab ich mich ganz ergeben,
Treu bis zum Tode durch das ganze Leben! –