Spanisch

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Johann Karl Wilhelm Geisheim
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Spanisch
Untertitel:
aus: Gedichte, Zweites Bändchen,
S. 341–346
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1839
Verlag: Josef Max und Komp.
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Breslau
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Commons, Google
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[[index:|Indexseite]]


[341]
Spanisch.


Auf den Fluren von Sevilla
Strömt in der Orangen Duft,
Nach des Tages matter Schwüle
Milder Strom der Abendluft.

5
Nun erst fühlt das Volk Sevilla’s,

Daß im schönsten Land’ es lebt.
So im Balsamhauch der Kühle,
Jetzt lebendig erst, erhebt
Zu der Lustwelt der Gefühle

10
Sich Lenardo de Ramosa,

Der, erwacht vom Mittagspfühle,
Nach dem Ziel’ der Träume strebt.

Denn vom Söller zu Ramosa,
Wo er herrschend einsam lebt,

15
Schaut er in des Thales Tiefe,

Schaut er in den vollen Mond.
Dort, am Rand’ der Abendlandschaft,
Liegt das Schloß Mirandola.
In des Mond’s Gedankenstrahlen

20
Steht es seinem Herzen nah.

Denn mit treuer Liebe Qualen
Liebt Lenardo de Ramosa
Sie, den Stern von tausend Strahlen,
Blanka de Mirandola.

25
[342]
Und der Mond zieht ihn hinüber,

Hin zu seines Traumes Schloß.
Er besteigt sein andalusisch,
Sein des Weges kundig Roß.
Denn vom Schlosse zu Ramosa

30
Nach dem Schloß Mirandola

Dreht sich seine Bahn im Kreise,
Früh am Morgen, spät zur Nacht.
Risch, nach seines Ritters Weise,
Jagt es im gewohnten Gleise;

35
Und wie Sporn, so ist ihm Flügel

Blanka de Mirandola.

Er auch lebt in Blanka’s Träumen,
Hat der schönen Danke viel
Aus der schönen Hand empfangen,

40
In der Ritter Waffenspiel.

Blanka liebt den treuen Ritter,
Nennt ihn ihren Hesperus,
Der am Abend wie am Morgen
Bringet seinen Liebesgruß.

45
Doch ihm blieb sein Glück verborgen,

Weil von ihrem Ohm und Vormund,
Garzilaso de Murvedo
Sie ihr Herz verbergen muß.

Denn für seinen reichen Vetter,

50
Sancho de Tamburcia,

Wirbt um sie Don Garzilaso,

[343]
Bittet, quält sie um ihr Ja.

Doch seitdem zum erstenmale
Blanka de Mirandola

55
Diesen ehrenwerthen Vetter

Von dem Ohm empfohlen sah:
Denkt sie stündlich um so lieber
An Lenardo de Ramosa;
Frost erregt ihr wie ein Fieber

60
Sancho de Tamburcia.


Solches ahnt und träumt Lenardo,
Und nun, reitend in den Mond,
Er im Zorn den Nebenbuhler,
Mit dem Sporn den Gaul nicht schont.

65
Jagt, und sieht: dort auf[1] den Matten

Sieht er Schweif’ und Helme wehn,
Siehet Ritterriesenschatten
An dem Busch vorübergehn;
Stürzt drauf los, gleich wild und mächtig;

70
Doch bewegter Bäume Schatten

Hat im Eifer unbedächtig
Er für Ritter angesehn.

Daß er nicht den Kampf gefunden,
Den er in der Hoffnung sah,

75
Jagt er um so wildern Muthes

An das Schloß Mirandola.
Später, als er sonst gekommen,
Kam er; finster ist das Schloß;

[344]
Doch der Ahnung Feuer treibt ihn,
80
Umzuspähn; – er steigt vom Roß;

Offen steht des Schlosses Pforte;
Mächtig lockt’s ihn, einzuschleichen,
Heimlich an dem Zauberorte,
Seiner Liebe Nachtgenoß.

85
Durch des Vorsaals dunkle Weiten

Leise tappend für und für,
Dringt er, denn die Wünsche leiten,
An des Fräuleins Kammerthür.
Lauschend horchet er: – es regen

90
Stimmen sich; die Holde wacht,

Und den Boden stark bewegen
Tritt und Schritt; ihm wächst Verdacht.
Plötzlich höret er mit Feuer
Seine Blanka mächtig rufen:

95
Weiche von mir, Ungeheuer,

Frecher Quälgeist meiner Nacht.

Da, im Schreck und im Entsetzen,
Scheuet er nicht Ungebühr;
Schrankenlos, mit Riesenkräften,

100
Sprengt er des Gemaches Thür.

Finster ist’s; in’s Nebenzimmer
Fliehet Licht; er hinterdrein.
Thüren öffnen, Thüren schließen
Sich vor ihm; er dringt hinein.

105
Ach! und Ach! hört er ertönen,
[345]
Und das kann, es ist deutlich,

Nur die Stimme seiner Schönen,
Der gequälten Blanka, sein.

So, von Saal zu Saal, verfolgt er,

110
Flucht vor ihm mit Flug im Lauf;

Eine Thür doch hält ihn plötzlich
Länger widerständig auf.
Endlich öffnet sie sich helle;
Kerzen strahlen, und es tritt

115
Garzilaso de Murvedo

D’raus mit ernst gemeßnem Schritt.
Hoch zur Nacht ziehn sich die Lichter,
Doch noch länger die Gesichter,
Die hier Einer kraus dem Andern,

120
Starrend vor Verwund’rung, schnitt.


Bald doch regt des Ritters Feuer
Sich in Sturm und Muskelkrampf;
Ha! du bist das Ungeheuer?
Rüste, Quälgeist, dich zum Kampf. –

125
Garzilaso de Murvedo,

Gegen Sarazenen groß,
Ein benarbter, alter Krieger,
Weist ihm schon die Klinge bloß:
Und sie stoßen wild zusammen,

130
Zweifelhaft noch ist der Sieger,

Aber mitten in die Flammen
Stürzt sich Blanka in den Stoß.

[346]
Haltet ein! um Gottes Willen!

Ritter, sagt, was ficht euch an?

135
Sagt, Lenardo de Ramosa,

Was euch so berücken kann? –
Und mit hochgeschwungnem Degen
Ruft Lenardo furchtbar drein:
Plaget euch nicht dieser Quälgeist?

140
Hört’ ich euch nicht Hilfe schrein?

Weiche von mir, Ungeheuer!
Rieft ihr; und ich stand und horchte
Draußen an der Thür; im Feuer
Brach ich unaufhaltsam ein.

145
Ach! es ist ein Mißverständniß;

Schont die Schwerter! – Nimmermehr!
Büßen soll das Ungeheuer,
Euch zu quälen, ernst und schwer. –
Ich beschwör’ euch; zähmt das Feuer,

150
Brennet nicht so lichterloh.

Nimmer, wollt ihr Blut vergießen,
Bin ich eurer Liebe froh.
Friede, Freund! bin ich euch theuer! –
Und entfliehend: Sprich, Duenna!

155
Ruft sie. – Herr, das Ungeheuer,

Flüstert diese, war –

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: anf