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Taj-Mahal in Agra

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XVI. Der Rheinfall bei Schaffhausen Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Erster Band (1833) von Joseph Meyer
XVII. Taj-Mahal in Agra
XVIII. Der Sybillentempel in Tivoli
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TÂJ MAHAL, – AGRA,
Ostindien

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XVII. Taj-Mahal in Agra.




Agra, in einer paradiesischen Gegend am Jumna, (einem Nebenflusse des Ganges) war einst Hauptstadt Hindostans. Nicht ganz so groß, aber noch prachtvoller, als Delhi, umschlossen seine Mauern 60,000 Häuser, 1900 Palläste, Tempel und öffentliche Bäder. Eine halbe Million Einwohner belebten seine Straßen, und Reichthum und Luxus hatten hier eine Höhe erreicht, welche unglaublich erscheinen würde, gäben nicht davon die meilenweiten Trümmer der meistens von weißem Marmor oder kostbarem röthlichen Porphyr aufgeführten Prachtgebäude noch heutigen Tages die unwiderlegbaren Beweise. Was die indische Geschichte uns von der Kaiserstadt ehemaligem Glanze und ihrer Herrlichkeit, an’s Fabelhafte grenzend, erzählt, findet in den Trümmern derselben volle Bestätigung.

Die Blüthenzeit Agra’s fällt in das 16. Jahrhundert. Unter der Regierung Akbar’s, einem Enkel Baburs, des Stifters des Großmogulreichs, wurde es die Residenz der Kaiser, welchen Vorzug es später mit Delhi theilte. Die Erpressungen von 60 Millionen arbeitsamer Unterthanen, die ungeheuern Einkünfte von 10,000 Quadratmeilen Kornländereien, flossen hier zusammen und häuften, durch den verschwenderischen Kaiserhof eben so schnell, als sie einkamen, wieder vergeudet, binnen wenigen Jahrzehnden die größten Reichthümer unter den Einwohnern auf. – Agra’s Glanz fing an zu erbleichen, als der grausame Usurpator Aureng-Zeyb sich das prächtige, jetzt auch verödete, Aurungabad als Residenz erbaute, als ihm, während seiner fünfzigjährigen Herrschaft, die meisten Großen dahin nachfolgten. Nach des Tyrannen Tode (1707) kamen Anarchie und Empörung an die Tagesordnung. Von 12 seiner Nachfolger wurden 9 ermordet, oder kamen im Kampfe gegen innere und äußere Feinde um. Agra wechselte in dieser Zeit mehrmals die Herrschaft. Brandschatzungen und Erpressungen aller Art nahmen kein Ende. Die Dschaten, ein rohes, indisches Bergvolk, die allgemeine Verwirrung im Reiche benutzend, überfielen (in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts) die Kaiserstadt, nahmen sie mit stürmender Hand ein, plünderten und verheerten sie. Der furchtbare Nadir Schah mit seinen Persern, später die Afghanen [38] und Maratten vollendeten das Werk der Zerstörung. Mord, Raub und Brand herrschten, verwüsteten und verödeten damals das ganze herrliche Mogulreich und Agra und Delhi theilten nur das allgemeine Verderben. –

Jetzt ist Agra eine Kreisstadt des Brittischen Indiens, zur Präsidentschaft Calkutta gehörend. Die Bevölkerung ist bis auf 50,000 zusammengeschmolzen. Sie nährt sich größtenteils von Seide- und Baumwollweberei. In neuester Zeit hat sich indeß der Wohlstand der Einwohner unter dem wohlthätigen Einfluß der brittischen Herrschaft und des Friedens wieder gehoben, und auch ihre Anzahl nimmt wieder zu. – Aber niemal kann der Ort wieder werden, was er gewesen; denn sein Glanz war das ungeheure Erzeugniß der unumschränktesten Gewaltherrschaft, – das Produkt von Verhältnissen zwischen Beherrscher und Beherrschten, welche sich, zum Glück für die Menschheit, da, wo Englands Civilisation einmal Wurzel geschlagen, nicht wieder erneuern können. –

Agra’s Trümmerwelt enthält die schönsten Denkmäler Indischer Baukunst, deren Betrachtung eben so sehr durch Großartigkeit der Anlage, als durch Erhabenheit des Styls, Staunen einflößt. – Das berühmteste, allbewundertste ist das Mausoleum der Kaiserin Zemani,Taj-Mahal. Ganz von blendend weißem, fast durchsichtigem Alabaster erbaut, ist es, trotz seiner riesigen Verhältnisse, (sein Umfang mißt 1600 Fuß!) so kunstreich gearbeitet, daß in dieser Beziehung kein ähnliches Gebäude auf der Erde sich mit ihm vergleichen läßt. Alle Wände sind von außen und innen geschliffen und polirt, so vollkommen, daß man sich in ihnen wie in einem Spiegel besehen kann. Ein neuerer Reisebeschreiber, der es sah, bekennt, er habe, hingerissen von der wunderbaren Schönheit des Kunstwerks, geweint bei dem Gedanken, daß es schutzlos preis gegeben sei der Zerstörung der Zeit und der Elemente.

Der Mann, der dieses Denkmal menschlicher Kunst, mehr noch aber fürstlicher Eitelkeit und nutzloser Verschwendung, für seine Gemahlin aufrichten ließ, ist ein belehrendes, warnendes Beispiel der Veränderlichkeit irdischen Glücks. Sein Erbauer, Kaiser Jehan, der Vater des schrecklichen Aureng-Zeyb, starb, entthront und von Henkers Hand im Kerker.