Tantalus
War das nicht eine herrliche Jagd,
Apoll, das mußt du doch gestehen,
Der Sterbliche hat uns Spaß gemacht!
Er schnitt doch der Juno gegenüber,
Zevs, den kützelt’ es innerlich –
Aber sag mir, entzaubere mich.
Wo führt’ ihn das böse Wetter
Zu uns herauf an die Tafel der Götter?
Wollten Juno ein wenig pikiren,
Und Vater Jupitern desennuyiren,
War ja alles so traurig hier.
Ha ha ha! wie er da saß beklommen
In ihrer Blicke Wiederschein
Meynt’ er Jupiter selber zu seyn.
Nein, aber darüber ging doch nichts,
Der Meisterstreich, den er ausgehen ließ,
Als er mit Zevs die Gesundheit stieß.
Die Gesundheit mit Zevs – wie ist das zu verstehn?
Ey so hast du ja nichts gesehn!
Vater Zevs, Vulkanen zu scheeren,
Der schönsten Frau vom frömmsten Mann!
Meister Tantalus stieß mit an.
Der Donnerer durfte sein Glas nicht leeren,
Der ganze Olymp schien bestürzt voll Verdruß,
Was sagte Juno?
Was sollte sie sagen?
O das ist noch nicht genug.
Hast du denn nichts gehört, man schlug
Mein Tantalus über und über Ohr
Als Juno sagte, sie wollte im Garten
Die andern Göttinnen um zehne erwarten,
Sie setzte spöttisch hinzu: es ist warm,
Mein Tantalus nahm’s in Ernst und bückte
Bis unter den Tisch sich, rükte und rückte
Den Stuhl – daß alles für Lachen erstickte.
Bis ihn Juno zurechte wies,
O still, nun weiß ich, warum mit dem Alten
Cupido vorhin Kriegsrath gehalten.
Sie wollten eine Wolke staffieren,
Ihn, wenn er heimgieng, zu intriguiren.
Wenn ich nicht irre –
Er ists Apoll.
(Merkur und Apoll halten sich seitwärts ihm zuzuhorchen.)
In dieser freundlichen Sommernacht
Wo ausser Feuerwürmchen und Heimchen
Niemand mich hört, als Myrthenbäumchen
Und die stillen Schauer der Nacht:
Hier wird es doch erlaubt seyn, das endlose Grauen
Die entzückende Beklemmung meines Herzens
Nur mit einem Blick zu überschauen,
Und dir Allmutter Natur, zu vertrauen.
Ich liebe – darf ich mir selber es sagen?
Wohin die verirrteste Phantasey,
Nie kühn genug war, sich hinzuwagen,
Wagt mein verrätherisch Herz sich hin,
Ich liebe der Götter Königinn.
Es ist gesagt, ihr hörtet es Götter!
Ueber mein schuldiges sterbliches Haupt,
Euch ist die grausame Lust erlaubt.
Ihr selbst fachtet sie an diese Flammen,
Ihr die ihr darinn Trost suchen müßt,
Was euer Lieblingsverbrechen ist.
Da spart euren Witz in Erfindung der Strafen
Was euch unerträglich däucht,
Ist gegen die Qualen, die hier noch schlafen,
Empfandt ihr je verzweifelnde Triebe
Reicht eure Phantasey dahin?
Ich bin ein Sterblicher und ich liebe
Liebe der Götter Königinn.
Sie hat es gehört das verwegne Geständniß,
Ihr Blick wird mich tödten, sie hat es gehört.
Sie sieht mich nicht. Im hohen Selbstgenusse
Lustwandelnd unterm Schleyer der Nacht
Die Erde schläft und kein Geschöpf mehr wacht,
Das sich zu ihrem Dienst bemühte.
Hier wacht noch eins, unendliche Güte
In seliger Qualentrunkenheit –
Endimions Schicksal nicht geweiht?
O alle Strafen die ich verdiene
Gegen eine mitleidige Miene
Gegen einen Blick, der mir verzeyht –
Alle Verhältnisse ähnlicher macht?
Himmlische Güte! verzeyhe, verzeyhe,
Jetzt oder nie, der Bewunderung
Des Entzückens verwegenstem Schwung.
Götter was sprach ich? – Lästerung!
Meine Freundinn – die schlafende Erde
Ha ich fühls, bebt auf unter mir,
Macht sich geflügelt auf, ich werde
Ach auf ewig entfernt von dir
In des Orkus Abgründe sinken,
Zur Vollendung meiner Pein
Lethens kalte Fluthen trinken,
Wars nur ein Bild meiner Phantasey?
Es ist verschwunden. Nimmer, nimmer!
Meine Thränen, mein Geschrey
Meine Verzweiflung zieht sie herbey.
Ihr von uns gefeyerten Spötter
Unsrer Leiden, die ihr bereitet,
Meine Züge, selige Götter!
Laßt durch keine Künsteleyn
O muß ich elend denn vor soviel Reitzen stehn,
Und, hasch’ ich nach, sie spottend fliehen sehn?
Ists möglich, elend in dem Grade!
Im Angesicht so vieler Seligkeit
Nur einen Augenblick, bis ich sie konterfeyt!
Lasset euren Zorn erweichen,
Große Götter, hört mein Flehn,
Laßt mich dieses Bild erreichen
Ach ich solls euch wiedergeben
All mein Glück wird mir entwandt.
Strenge Götter! nehmt mein Leben,
Oder führet mir die Hand.
Ihr beneidt dies Bildniß mir
Weil es milder ist als ihr,
Weil ihm meine Thränen rannen,
Weil es meinen Geist erhebt,
Lasset euren Zorn erweichen,
Große Götter, hört mein Flehn,
Laßt mich dieses Bild erreichen,
Wenn ich werth war, es zu sehn.
Ey, wie so fleißig Herr Tantalus?
Weisen Sie doch her, was giebts da wieder?
Ich hörte, sie riefen um Hülfe, drum stieg ich
Aus meiner Mutter Schooß hernieder,
Fehlt Ihnen was?
Ich bin verloren
Ich bin zum Unglück bestimmt, geboren –
Haben Sie was –
Haben Sie was abkonterfeyt?
Bin ich geboren, bin ich erkohren.
Haben Sie etwa was verloren?
Vielleicht im Monde? – Ich helf’ Ihnen suchen.
Mein Vater ist ganz bezaubert davon,
Sie wissen, Zevs ist ein Mann vom Ton –
Läßt er sie ganz ergebenst ersuchen,
Sie möchten ihm künftig die Ehre erweisen,
Mit ihm und Juno –
Unsterblicher Retter!
Ewig sey dir, schönster der Götter,
Meiner Entzückungen Dank gebracht.
Nichts anzurühren, was Ihr nicht gehöret,
Nichts anzusehn, was Ihre Ruhe stöhret,
Sonst lieber Schatz! verschwindet es sogleich.
Ey warum macht sie denn das so bleich?
Nichts hören noch sehen,
Wiewohl das Hören zuzugestehen
Jupiter kein Bedenken sich macht,
Doch nur dann, wenn man ihrer lacht.
Mit Junos Schatten spatzieren gehen,
Aber sobald sie auch nur nach ihm sehen –
Was soll ich denn? Nicht sehen, nicht hören,
Nicht essen, nicht trinken –
Und ein ächter Liebhaber muß
Eigentlich nichts thun, Herr Tantalus,
Als den Göttern zur Farce dienen.
Leben Sie wohl; ich empfehl mich Ihnen.